O'Reilly Faktor

Ulrich Wickert, Anne Will, Marietta Slomka, die Heldinnen und Helden unseres Nachritchtenwesens, bemühen sich offensichtlich, wenn sie jemanden interviewen, ihre eigene Meinung in den Hintergrund zu stellen und mehr oder wenige sachbezogen Frage zu stellen („fucking liberals“).


Im amerikanischen Fernsehen erfreut sich zu Zeit ein ganz anderer Typus von..., (ja, was eigentlich? – Moderator ist genau das Gegenteil, denn am besten ist seine Funktion und Arbeitsweise als die des Agitators zu charakterisieren – nennen wir ihn trotzdem neutral:) ... Interviewer großer Beliebtheit. Er tritt extrem selbstbewußt auf, beruft sich ständig darauf, dass er der Wahrheit endlich zum Recht verhilft, und liefert einen für unsere Maßstäbe unglaublichen Tendenzjournalismus zur besten Sendezeit. Beispiele dafür sind Bill O’Reilly (FOX) und Glenn Beck (CNN).


Ihre politische Orientierung ist rechts von George W., und sie erklären ihre jeweiligen Opponenten für moralisch verdorben, dumm oder naiv. Denn das sind die einzig denkbaren drei Erklärungen dafür, dass man anderer Meinung ist als sie. Zum Interview laden sie dann Leute ein, die entweder ihre Ansichten vertreten oder aber Gegner, die sie – wie man bei uns so schön sagt – „vorführen“. Dabei stellen sie Fragen, die von vornherein implizieren, dass er oder sie ein schlechter/dummer/naiver Mensch ist, der die Sicherheit Amerikas und der freien Welt in Frage stellt und dem man das Handwerk legen muss.


Aber es hilft offenbar auch nicht, dass man sich ihnen verweigert. Gestern abend war ein Bericht über einen schlechten Menschen zu sehen, der T-Shirts mit der Aufschrift „Bush lied – they died“ verkauft. Das Ganze auf schwarzem Grund vor den Namen der im Irak gefallenen US-Soldaten. Kamera und Reporter liefen neben diesem schlechten Menschen her, der versuchte, sie nicht zur Kenntnis zu nehmen (was nicht so einfach ist, vor allem, wenn man beschimpft wird). „Was sind sie eigentlich für ein Mensch, der aus Toten ein Geschäft macht? Ohne die Genehmigung der Angehörigen. Schämen Sie sich eigentlich gar nicht?“ usw.


Im Anschluss wurde noch die Mutter eines toten Soldaten befragt, die sich bitter beklagte, dass ihr toter Sohnemann auf diese Weise entehrt werde.


Das T-Shirt war übrigens bisher für 10 US$ zu erwerben (mit den Namen von 1700 Toten) und kostet in der neueren Version mit den Namen von 2500 Toten 18 US$. Das ist eine erstaunliche Preissteigerung von 0,0059 $/totem Soldat auf 0,0072/totem Soldat.


Aber über diesen Beitrag zur Inflation hat sich Bill O’Reilly erstaunlicherweise nicht aufgeregt. Und auch Glenn Beck, der gerne in der Sendung mit seinen Gästen weint und beschwörend wiederholt, dass der dritte Weltkrieg bereits begonnen habe, hat diese unverschämte Preissteigerung nicht problematisiert.