Opern-Helden

Wenn man was über Helden erfahren will, muss man in die Oper gehen. Am besten Wagner. Gestern war ich bei der Generalprobe solch einer Oper in der Staatsoper in Berlin.


Der Held trat auf, als die unschuldige und reine, auf ihren Ritter (= Retter) wartende Sopranistin, kurz davor stand, zu Unrecht einen Kopf kürzer gemacht zu werden. Er hat für sie gekämpft und den Widersacher besiegt. Gottesurteil. Aber - anders als bei den Helden heute - er wollte seinen Namen nicht nennen ("Nie sollst Du mich befragen...!"). Wenn sie, die frisch Gerettete und Angetraute, ihr Versprechen gehalten hätte, dann wüsste ich jetzt immer noch nicht, wie die Oper, in der ich war heisst, denn der Held hatte die Titelrolle inne.


Aber, sie konnte es nicht ertragen, nicht zu wissen, wie er heißt. Was insofern interessant ist, weil es uns wieder einmal auf den Unterschied zwischen Zeichen und Bezeichnetem oder (i.S. Spencer-Browns:) auf den Unterschied zwischen "erster" und "zweiter Unterscheidung", Landkarte und Landschaft, Speisekarte und Speise etc. verweist. Sie, die Protagonistin, wollte also gewissermaßen das ihr angebotene Gericht - obwohl offensichtlich gut riechend und Appetit anregend - nicht essen und genießen, wenn sie nicht wüsste, wie es heißt. Allerdings war für sie der Name auch noch mit der Frage nach der Herkunft (Adel = Reinheit) verbunden.


Bei Nahrungsmitteln finde ich dieses Interesse ja angebracht: Zu wissen, wo eine Speise herkommt (aus welcher Küche) und wie sie zubereitet ist, kann manchmal dazu führen, auch appetitlich aussehende Happen zu verschmähen.


Nun heißt diese Oper aber nicht "Apfelstrudel" oder gar "Döhner", denn es geht um Menschen. Und deren Namen und "Art". Der Opern-Held musste sich auf jeden Fall aus dem Staub machen, als sein Namen an die Öffentlichkeit kam.


Hier ist vielleicht eine Parallele zu unseren heute gehandelte Helden: Wenn sie bekannt werden (z.B. Manager des Jahres - s. "Revue für postheroisches Management"), dann verschwinden sie als Helden auch sehr schnell. Meist allerdings nicht physisch, sondern ihr Bild als "Held" zerbröselt.


Vielleicht gibt es ja einen prinzipiellen Widerspruch: Wer Heldenhaftes tun will, muss damit leben, dass niemand seinen Namen kennt - und wer den Namen konkreter Helden sucht, der muss damit leben, dass sie verschwinden (nicht die Namen, sondern der Heldenstatus).


Mein lieber Schwan, kann man da nur sagen.