Online-Durchsuchungen

Ihre "freundliche Übernahme" des Systems, lieber Herr Simon, scheint andere im Moment nicht auszuschließen. Ich dachte einfach, ich probiere es mal! Das finde ich aber ausgesprochen nett und will deshalb einen Stein ins Wasser werfen.


Seit diese Debatte um die Online-Durchsuchungen keimischer Computer los gegangen ist, verfolgt mich die Vorstellung. Was wäre, wenn .... Wenn sich in diesem Moment, an diesem friedlichen Sonntagmorgen ein staatlich geprüfter Hacker in meinem Computer zu schaffen und meine privatesten Dateien durchschnüffeln würde. Er würde da zwar nichts Bedeutendes und gewiss auch keine von irgendwem irgendwie verbotenen Sachen finden. Aber das ist ja nicht das Problem. Mein bieder auftretender Landsmann Wolfgang Schäuble, der amtierende Innenminister der Republik will sich anmaßen, in meinem kleinen Geviert herumzuschnüffeln. Allein die Ankündigung hat ja, wie ich an mir selbst bemerke, ziemliche Folgen. Warum habe ich denn meine Fireware und den ganzen Viren- und Trojanerschutz aufgebaut, wenn nicht um genau das zu verhindern, dass da jemand meine Passwörter ausspähen, auf meine Konten zugreifen und sonstige Manipulationen hinter meinem Rücken vornehmen kann. Und nun möchte er mir insgeheim einen Regierungstrojaner schicken. Vertrauenswürdig daherkommend wie die Ganoven, die immer wieder (vergeblich) um meine Kontodaten bitten. Fünf von denen haben sie ja endlich geschnappt die vergangene Woche. Das wird andere nicht hindern, es weiter zu versuchen. Wenn ich nun von meinem Landesamt für Besoldung und Versorgung, was ab und zu geschieht, eine Mail erhalte, kann ich sie nur noch als gefährlichen Einbruchsversuch sofort löschen, ohne sie auch nur zu öffnen.


Man sollte annehmen, dass Innenminister und andere hochrangige Politiker ihre Einfälle erst mal einer Rundumprüfung auf mögliche Folgen unterziehen. Das scheint der gute Herr Schäuble nicht nötig zu haben. Wie hätte er sonst die Menschen mit seinem Gerede von terroristischen Atombombenangriffen erschrecken können, wie letztes Wochenende geschehen! Nein, genau das scheint nicht der Fall zu sein. Er ist wohl noch immer - und das in diesem Alter, wo andere allmählich zu höherer Weisheit gelangen - in der Phase von learning by doing, Versuch am Bürger und Irrtum. Bei mir hat er sein Ziel erreicht: Mein Vertrauen in seine Weisheit und Verantwortungsfähigkeit ist nun noch unter den Nullpunkt gesunken. Wer so handelt, der zerstört das Vertrauen der Bürger. Kann sich das eine Regierung leisten? Offenbar schon; denn in all den Diskussionen um die von Schäuble geplante Einführung der Online-Durchsuchungen privater Computer habe ich diesen Gedanken noch nirgends entdeckt. Nur von rechtlich möglich oder rechtlich nicht möglich ist da noch die Rede. Weitergehende Folgen interessieren nicht. Merkwürdig! Vertrauen ist kompliziert, komplizierter als die komplizierteste Rechtsmaterie. Für Menschen mit normalem Denken aber ist es ganz einfach: Trau, schau wem! Trau dem, der andern traut. Wer glaubt, dass so etwas nur etwa zehn Menschen pro Jahr treffen würde, der kann die rasante Entwicklung der technischen Möglichkeiten in den letzten zwanzig Jahren nicht aufmerksam verfolgt. Was möglich ist, wird gemacht. so einfach ist das. Deshalb: Wehret den Anfängen!


Lieber Herr Simon, nun versuche ich es, ob das Auer-Blog-System meinen Beitrag annimmt und grüße Sie herzlich,

Horst Kasper