Obsoleszenz

In einem Dokumentarfilm (http://bit.ly/ihRN8i), den ARTE am 15. Februar 2011 zum Thema geplante Obsoleszenz ausstrahlte, ist eine Geburtstagsfeier in einer kalifornischen Feuerwache zu sehen. Die Leute singen begeistert das Happy-Birthday für eine Glühbirne, die seit 1901, also damals seit 100 Jahren leuchtet. Das war noch Ware! 2500 Stunden hielt damals im Schnitt eine Glühbirne Made in USA und weltweit. Zu lang, fanden die Produktmanager und gründeten 1924 das historische Phöbuskartell, mit dem die weltweiten Glühbirnenhersteller sich dem gemeinsamen Ziel verpflichteten, Glühbirnen mit einer Maximalhaltbarkeit von 1000 Stunden zu entwickeln, die Geburtsstunde der geplanten Obsoleszenz, der gezielten Veralterung (von obsolet, veraltet). Osram in Deutschland hielt sich bis 1999 an diese (später verbotene) Vereinbarung: Einmal in der Welt, trat das Prinzip seinen Siegeszug an, wurde nach dem zweiten Weltkrieg zum Treibsatz des Wirtschaftswunders und beförderte den Marsch in die globale Wegwerfgesellschaft.


Der Zwang zum stetigen Wachstum und zur Steigerung der Gewinne verführte die Warenhersteller praktisch in allen Bereichen der Wirtschaft zu immer neuen raffinierten Anwendungen des Prinzips der Obsoleszenz: Akkus mit auf eine Garantiezeit begrenzten Haltbarkeit, die außerdem von einer Gerätegeneration (Notebooks oder Handys zum Beispiel) zur nächsten leicht verändert werden, so dass immer neue gekauft werden müssen. Drucker mit Tintenpatronen, die von einem Gerätetyp zum nächsten anders konstruiert sind, müssen nach wenigen Jahren – pfennigganz – ausgemustert werden, weil es die betreffenden Patronen nicht mehr gibt. Auch silberfarben, nach Metall aussehender Kunststoff, der seine Farbe rasch verliert, jedes Gerät obsolet macht, folgt dem Prinzip. Das Kleid, das wegen seiner Saisonfarbe am Jahresende veraltet ist, also die Kreation von Modefarben spiegelt, ist ein Fall von Obsoleszenz. In diesem Fall mit dem Attribut „psychologisch“. Ein weiteres Beispiel sind Plastikflaschen zum Beispiel für Duschmittel, Shampoos usw., die eine besonders große Öffnung haben, so dass immer mehr Material ausläuft, als man eigentlich braucht. Oder die Flaschen werden so konstruiert, dass am Ende ein gehöriger Rest bleibt, der sich nicht mehr verwerten lässt. Das Prinzip heißt geplanter Mehrverbrauch. Oder denken wir an die funktionelle Obsoleszenz: Vom Plattenspieler zur Musikkassette und zur CD.


Was für eine ungeheure Verschwendung von Rohstoffen und Ressourcen! Die Produktion von Handys erfordert zum Beispiel laufenden Nachschub an so genannten Seltenen Erden, also besonders schwierig zu beschaffenden Rohstoffen. Gleichzeitig werden die Dinger so produziert, dass sie nach spätestens einem Jahr „alt aussehen“, so dass man sich mit einem neuen versorgen muss. Und wohin geht der ganze Elektro- und Elektronikschrott? Angeblich zum Recycling. In Wirklichkeit landet er (in der Regel illegal) auf irgend welchen Halden, auf denen sich mit der Verbrennung die Ärmsten der Armen die Gesundheit zerstören. Die Lüge vom angeblichen Recycling unterdrückt in der Kundschaft das schlechte Gewissen: Es wird ja alles wieder verwendet. Irrtum!


Die Endlichkeit der irdischen Ressourcen erfordert ein Umdenken in Richtung Nachhaltigkeit des Wirtschaftens nicht nur im Energiesektor. Wie aber kommt die Verschwendungswirtschaft aus diesen vielfältigen Sackgassen? Und wer ist dazu in der Lage, den nötigen Wandel herbeizuführen? Ein gewaltiges ethisches und wirtschaftliches Problem ohne erkennbaren Lösungsansatz!