Nicht ausbildungsfähig zum Dritten

Vor ziemlich genau zwei Jahren habe ich hier von einer besonderen Idee berichtet, die der Schulleiter des Friedrich-Schiller-Gymnasiums Marbach erfolgreich pflegt. Damals wurde diese Schule mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet. Ich meine das Motto, mit dem er die neuen Schüler empfängt: „Alle erreichen das Ziel!“ Wenn das ein glaubhaftes Versprechen sein soll, muss an einer Schule sehr viel passieren. So wie an diesem Gymnasium.


Was mir dabei am bedeutendsten erscheint, ist der Mut, mit dem an dieser Schule die Verantwortung für den individuellen Erfolg jedes Schülers durch die Lehrer und den Schulleiter übernommen wird. Hier sind keine funktionierenden Rädchen im Getriebe der Kultushierarchie am Wirken, sondern selbstständig verantwortlich handelnde Profis. Dass das auch sehr eigenwillige Wege und Maßnahmen einschließt, für die die „Dienstvorschriften“ kräftig gedehnt werden müssen, ist nur logisch.


Wer hindert eigentlich andere Schulleiter daran, eine solche Haltung einzunehmen? Ich erinnere mich bei dieser Gelegenheit an eine ähnliche Maxime aus Finnland: „Wir brauchen jeden. Versager können wir uns nicht leisten!“


Wenn eine solche Einstellung den ersten und den letzten Schultag eines Kindes begleitet, dann können wir in wenigen Jahren die Versagerquote auf null herunter bringen. Dazu muss der Wille wachsen. Die Zuversicht, dass es gelingt, kommt aus den raschen Erfolgen, die dem entschlossenen Handeln folgen.


Verstehen wir es einmal so herum: „Nicht ausbildungsfähig!“ ist das Urteil über die Schulen, die ein junger Mensch besucht hat. Wenn er denn am Ende der Grundschule, der Hauptschule, der Realschule oder beim vorzeitigen Verlassen des Gymnasiums die Kulturtechniken nicht und die deutsche Sprache nur unzureichend beherrscht, muss das die Schule verantworten und nicht die Lebensumstände. Das ist die kopernikanische Wende im System Schule. Lasst sie uns angehen!! Übernehmen wir die Verantwortung vor Ort. Wir sind es unserer jungen Generation schuldig. Jedem Einzelnen jungen Menschen.