Neutralität/Bewertungsfreiheit/Wanka

Frau Wanka hat in ihrer Funktion als Ministerin (auf einer Website bzw. dem Briefpapier des Ministeriums, wenn ich das richtig verstanden habe) aufgefordert, der AfD die rote Karte zu zeigen. Das Bundesverfassungsgericht hat der dagegen klagenden AfD rechtgegeben. Ich muss gestehen, dass dies einer der (wenigen) Fälle ist, wo ich ebenfalls der AfD rechtgebe und auf ihrer Seite bin. Denn Frau Wanka kann ja gern als Privatperson oder Funktionärin ihrer Partei sagen, was sie - wie ich - über die AfD denkt (z.B. in einer Talkshow), aber nicht in der Rolle als Ministerin unter Nutzung der Ressourcen des Ministeriums.


Es ist offenbar ja für viele Menschen schwierig, unterschiedliche Kontexte auseinander zu halten, da deren Unterscheidung kommunikativ vereinbart, hergestellt, aufrechterhalten und geregelt wird, d.h. es geht dabei um die Teilung von Ideen. Mir persönlich erscheint die Unterscheidung zwischen unterschiedlichen Kontexten und Spielregeln und davon abhängig auch der Identitäten/Rollen derselben Menschen sehr funktionell. Auf jeden Fall ist es ein Charakteristikum sogenannter "verrückter" Menschen, dass sie dazu nicht in der Lage oder bereit sind (und sich z.B. in der Öffentlichkeit so verhalten, wie sie es zuhause tun würden. Was zuhause als angepasst bewertet wird, wird dann in der Öffentlichkeit als abweichend bewertet).


Für mich selbst - und jeden, der Fachbücher publiziert - stellt sich die Frage, wieweit seine persönlichen und/oder moralischen Bewertungen Eingang in seine Bücher, Artikel etc. finden dürfen, wenn er den Anspruch auf Fachlichkeit aufrechterhalten will. Mein Kriterium - auch aus konstruktivistischer Sicht - ist, dass die Spielregel fachlicher Diskussionen ist, dass folgerichtig (umgangssprachlich gesagt: logisch konsistent) argumentiert wird. Nur so kann der Wettstreit der Argumente geführt werden und zu Ergebnissen führen, die - zumindest vorübergehend - zu einem Konsens oder auch zu einem klaren Dissens auf der Sachebene führen, ohne dass die Moral die Möglichkeiten der Ergebnisse der Diskussion begrenzt.


Deswegen würde ich in keinem Fachbuch schreiben, dass mich die Anhänger von Herrn Poggenburg, die bei seinen Büttenreden schenkelklopfend und salivierend jubeln, zum kalten Kotzen bringen. In meinem Blog aber kann ich das schreiben. Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein. Deswegen kann auch jeder hier seinen emotionalen, vom Argumentationsstil her lächerlichen Müll absondern. Wenn derjenige oder diejenige dabei allerdings die Pose des oder der intellektuell und fachlich argumentierenden Diskussionsteilnehmers/rin beansprucht, dann behalte ich mir vor, auf mangelnde Folgerichtigkeit (=Logik) hinzuweisen. (Dem muss - auch das sei betont - ja keiner folgen).