Neulich im Verlag: Personalsuche beim Carl-Auer Verlag

Der Carl-Auer Verlag ist in vielerlei Hinsicht ein ungewöhnlicher Verlag, ganz abgesehen von den guten Publikationen und versierten Autoren. Das Team arbeitet selbst organisiert, die geschäftsführenden Gesellschafter brauchen selten im Verlag zu erscheinen und es wird auf fest geschriebene Dienstzeiten verzichtet. Jeder Mitarbeiter ist Chef seiner eigenen Abteilung und gleichzeitig auch ausführende Person, frei nach dem Motto: „ Ich bin zwei Öltanks“ oder„Selber schuld, wenn ich mir als Chef so viel Arbeit auf den Tisch lege, die ich dann anschließend abarbeiten muss“. Betriebsausflüge sind Flüge im wahrsten Sinne des Wortes, denn wo kann man besser gemeinsam italienisch essen als in Italien und wenn ein Teammitglied Geburtstag hat, muss es für alle mindestens ein 3-Gänge Menü kochen. Zu all dem wird viel gelacht, geflucht und kreativ gearbeitet, aber das ist wohl eher wieder sehr normal.


Konsequenterweise geht auch die Personalsuche bei Carl-Auer eher ungewöhnliche Wege. Denn bei so intensiver Teamarbeit ist es besonders wichtig, eine Person zu finden, die gut ins Team passt und auch mit dieser Form der selbst organisierten Arbeit umgehen kann. Die herkömmlichen Suchmethoden – nein, nicht Google, sondern Stellenanzeigen in einschlägigen Fachzeitschriften und in der Lokalpresse, Ausschreibungen im Internet oder über Agenturen, die sich im Verlagsbereich spezialisiert haben – scheiden für uns schon seit einigen Jahren aus, weil sie einfach nicht den gewünschten Erfolg brachten. Entweder fehlten den Bewerbern die erforderlichen Fachkenntnisse, überstiegen die Gehaltsforderungen das Gehalt unserer Geschäftsführer oder die Bewerber passten einfach nicht ins Team. Ganz abgesehen von der Zeit, die für mehrere Bewerbungsgespräche ins Land geht. Und manchmal wußte man schon nach fünf Minuten (und dem berühmten Händedruck), dass es mit diesem Bewerber nichts werden wird.


Da musste ein zielstrebigeres Verfahren her, sozusagen die lösungsorientierte Kurzzeit-Personalsuche. Auch dafür kommt das Vorbild aus den USA. „Hiring-Party“ heißt die Wunderveranstaltung: Personalgespäche im Party-Ambiente und das Team lernt gleich alle potentielle Mitarbeiter kennen, das war genau das Richtige für uns, die wir alle so gerne feiern. So war es Zeit für die inzwischen 3. Heidelberger Hiring-Party zur Suche eines neuen Mitarbeiters/einer neuen Mitarbeiterin für unsere Pressestelle. (Die Kollegin, die ein Ergebnis der 2. Hiring-Party war, folgte ihrem Mann nach Stuttgart.) Eingeladen durfte sich jeder fühlen, der meinte, das entsprechende Stellenprofil zu erfüllen. Bewerbungen konnten vorab geschickt oder bei uns während der Party in eine eigens dafür hergestellte Box gelegt werden. Denn vor und während der Hiring-Party wurden keine Bewerbungen gelesen oder bewertet. Die Vorbereitung der Party an sich brachte jedes Mal schon positive Ergebnisse: Der Verlag wurde mal wieder gründlich aufgeräumt, es wurde geputzt, wo die Putzfrau immer weg zu sehen scheint und verschollen geglaubte Dokumente der Praktikantin zur Archivierung übergeben.


Samstags um 16:30 Uhr, für Mitarbeiter bei Carl Auer keine ungewöhnliche Arbeitszeit, ging es los. Um 20:00 Uhr dann verabschiedete sich der letzte Gast. Dazwischen lagen ein köstliches Buffet, Musik, Getränke, Lachen und Gespräche. Die in angenehmer Atmosphäre geführten Gespräche gingen über Anzeigen,, Bundesliga, Carl Auer, Dienstpläne, Elternteilzeit, Frühaufsteher, Gesamtausgaben, Heidelberg, Inkasso, Jugendhilfe, Kunden, Laminierung, Marketing, Netto-Warenwert, Otto-Versand, Psychiater, Qualifikationen, Räucherstäbchen, Sitzungen, Transparenz, Umschlaggestaltung, Wetter, Xenophobie, Yoga, Zielvorstellungen … Den Gästen blieb überlassen, wann sie kommen und gehen wollten. Das Team stand während der gesamten Party für Fragen und Gespräche zur Verfügung und gefeiert wurde in allen Räumen. Statt der üblichen, meist steifen Frage-Antwort-Rituale ergaben sich Gespräche, die auch für uns Neues und Aufschlussreiches ergaben. Und immer wieder hatten wir Gelegenheit, die Bewerber zu erleben: in ihrem Sozialverhalten, in der (lockeren) Kommunikation, in der Wettbewerbssituation etc. Schnell erkennt man so die unterschiedlichen Charaktere: den Witzigen, den Soliden, den Prahler, die Null-Nummer oder den ,nine-to-fiver’, letztere ganz undenkbar bei Carl Auer.

Nach der Party, wenn die Gäste gegangen sind, kommt dann für uns das spannende Highlight. Alle Mitarbeiter sitzen gemütlich in großer Runde zusammen, die Buffetreste und der restliche Wein werden verköstigt und die Frage lautet: „Wer soll es denn nun werden?“ Der Abend wurde auch diesmal lang und lustig, aber wieder wurden wir uns schnell einig und luden nach eingehender Bewerbungsmappenprüfung noch einmal zwei Bewerber, die in der engeren Wahl sind, zu einem Gespräch ein. Diese anschließenden Gespräche verlaufen in einer sehr gelösten Atmosphäre, denn schließlich hat man sich ja auf einer Party kennen gelernt, Steifheit ist jetzt nicht mehr möglich. Das trifft dann auch auf die Einarbeitungszeit zu. Die Auserwählte unserer letzten, 3. Hiring-Party beginnt am 15. 5. 06 mit ihrer Arbeit bei uns: Anja Lösch, verantwortlich für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Herzlich willkommen im Team!

Die Bewerber und Bewerberinnen gaben uns ein gänzlich positives Feedback für diese Form der Personalsuche und fanden es allesamt viel angenehmer und stressfreier als gängige Bewerbungsverfahren.

Nota bene: Alle Teilnehmer und Bewerber haben auch vollstes Verständnis dafür, dass wir keine Fahrtkosten erstatten. Denn wer zahlt schon für die An- und Abfahrt zu einer Party!


Beate Ch. Ulrich