Neidisch?

Heute meldet sich die Volontärin zu Wort. Dass ich hier schreiben darf, ist ein mit Ehre und gleichzeitig natürlich mit ein wenig Ehrfurcht ausgestattetes Unternehmen.

Na ja, kann doch eigentlich nicht so schwer sein! Immerhin habe ich gerade vor einigen Minuten mit fachmännischer Kenntnis unserer neuen Praktikantin den mir zugewiesenen Arbeitsbereich erklärt. „Content Management“ heißt es, oder, um es näher zu beschreiben: die Betreuung der verlagseigenen Homepage, die vielseitige Internetrecherche, Kontaktierung und Kontrolle von Bücherportalen, Kongressarbeit u. v. m.


Spannend – hier erfahre ich nun das wahre Arbeitsleben und erkenne, das Studium war dann doch eine ganz andere Welt. Ich höre immer noch die wohlbekannten Stimmen (vor allem aus der Familie): Ja, wenn ma schafft, donn konn ma halt nimmei bis middags schlofe.“ (Ich komme aus dem wunderschönen Odenwald, deshalb zur Übersetzung: Ja, wenn man arbeitet, dann kann man eben nicht mehr bis mittags schlafen). Im Ernst, das mit dem Ausschlafen war kein Problem, denn das habe ich selbstverständlich während meines Studiums auch nie getan.


Andere Dinge erschienen mir problematischer. Denn über das Content Management hinaus wurde mir die Telefonzentrale übergeben, und genau das war der schwierigere Teil der Übung. Warum?

Für jemanden, der noch nie den direkten Kundenkontakt gepflegt hatte, erwies sich das Telefonieren dann doch als schwieriger, als der Plausch mit guten Freundinnen auf der heimatlichen Couch. Also fragte ich ungefähr 150x am Tag „Wie war der Name nochmal?“ oder „Ich verstehe leider nicht ganz...“ Und dann die weiteren Fragen: Wo finde ich denn das jetzt? Wie leite ich das Gespräch jetzt weiter?


Sollte einer der Leser hier also Ende des letzten Jahres eine etwas hilflose Person am Apparat gehabt haben, wahrscheinlich (nein, sogar ganz sicher) haben Sie mit mir gesprochen.

Mittlerweile läuft auch das gut. Übung macht ja bekanntlich den Meister, und Übung habe ich wahrlich genug. Ein dementsprechend gutes Gefühl hatte ich somit auch, als auf der Buchhandelsvorschau des Frühjahrs 2006 unter dem Stichwort Kundenbetreuung mein Name prangte. Ebenso ging es mir, als die ersten Coverabbildungen, Buchvorstellungen oder Links, die auf meine Initiative hin entstanden, auf anderen Webseiten erschienen.


Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen ist darüber hinaus die Teilnahme an Kongressen. Die (meist) entspannte Atmosphäre, der Kontakt mit den Menschen und vor allem zu sehen, welche Leute da unsere Bücher kaufen. Hier fiel mir alles gleich von Anfang an wesentlich leichter als das Kundengespräch am Telefon. Und diese persönlichen Kontakte wiederum erleichtern dann auch das Telefonieren.

Gerade vor einigen Tagen war ich auf solch einem Event, einem internationalen Kongress in Bernried am Starnberger See. Während der Workshops, wenn gerade ein wenig Luft war, konnte man sich auf eine kleine Dachterrasse schleichen, die Beine in die Sonne strecken und von dort über den ganzen See blicken.

Neidisch? Wäre ich auch, aber ich habe ja den Job!


Dunja Fioriti