Nach der Qual ist vor der Qual

„Wann mi des Reisebüro bloss net vermittelt hätt!“ So hatte Helmut Qualtinger in dieser Rolle wenigstens einen Sündenbock.

Aber wer hat ausgerechnet diese Kehr-Woche für mich ausgewählt: übervolle Praxis, berufspolitische Vorstandssitzungen am Abend und erst noch die Vorbereitungen für das Fest zu meinem 50. Geburtstag am Samstag (wie sollte ich bei meinen gut trainierten Fähigkeiten des Ausblendens auch ahnen, dass die Woche 38 auch den 24.9. enthält?).

Nun ja, das kann ja heiter werden und wird mir besonders gute Gründe geben auch in diesen Tagen viel zu spät ins Bett zu gehen.


Inzwischen ist es wirklich Montag geworden und ARD wie auch ZDF wetteifern noch um die besten Analysen und Hochrechnungen – für gewisse Parteien wohl eher Tiefrechnungen.

(Wahlabende erzeugen eine ganz spezifische Atmosphäre und versetzen mich – trotz meinen 29 Jahren in der Schweiz – stets wieder in ein vertrautes Gefühl von Mitfiebern, das ich schon als politisch aktiver Jugendlicher empfand.)


Wie stets im Wahlkampf aber auch am heutigen Abend zeigten einige Politiker wieder erstaunliche Fähigkeiten im Deuten und Umdeuten sowie in (freiwilligen und unfreiwilligen) hypnotischen Induktionsversuchen. So viele Sieger an einem einzigen Wahlabend sind wohl rekordverdächtig.

Nach den Selbstwahrnehmungen und Selbstdarstellungen der Hauptakteure hat Deutschland nun plötzlich zu einer Krise und einem alten Kanzler auch noch eine neue Kanzlerin hinzubekommen.


Gefragt wären aber Fähigkeiten zur Integration und Entwicklung von Perspektiven, denn nach Abzug der hypnotischen Sprechblasen und Umdeutungen ist auf allen Seiten (v.a. nonverbal) nur eine inhaltliche, depressive Ratlosigkeit zu erkennen, wie der Blockbildung der Wählerschaft trotz Diversifizierung der Parteienlandschaft konstruktiv begegnet werden könnte.


Da bleibt wohl nur eine grosse „Hilflosen“ - Koalition, bei der es nicht wirklich darauf ankommen wird, wer sie zu führen vorgibt.


Na denn, Gute Nacht - und guten Morgen!