N-Wort

Zugegeben: Ich habe mich jahrelang darüber lustig gemacht, wenn der Gebrauch bestimmter Worte "verboten" oder als nicht politisch korrekt geächtet wurde. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass dies wirklich eine politisch sinnvolle Strategie sein könnte, um im Bewußtsein der Öffentlichkeit bzw. an tief verwurzelten kulturellen Werten eine Änderung zu erzielen. Aber jetzt muss ich feststellen, dass ich mich geirrt habe.


Ich habe vor ein paar Tagen mal wieder in einem Buch gelesen, dass ich vor Jahren schon einmal gelesen hatte: "Macht" von Hans Strotzka, erschienen 1985. Ich kannte den Autor, schätzte ihn, und er war und ist für mich vollkommen unverdächtig, was eventuelle rassistische Tendenzen angeht. Und ich halte ihn auch jetzt noch - er ist lange tot - für eine integre Persönlichkeit, an deren weltoffener Einstellung gegenüber Andersartigkeit ich keinen Zweifel hege.


Trotzdem: Als ich in seinem Buch las, dass er von Jazz als "Negermusik" schrieb (und das weder ironisch noch von Schuld- oder Problembewußtsein geschüttelt), wurde mir bewußt, dass sich meine Sensibilität gegenüber den Implikationen und Konnotationen des N-Worts offenbar sehr verändert hat. Ich fand die Wortwahl unangemessen, irgendwie daneben, peinlich...


Dieses Erleben hat für mich noch mal einen anderen Aspekt der Pippi-Langstrumpf-Debatte (Papa = "Negerkönig", Kinderbücher werden umgeschrieben etc. ...) eröffnet.


Denn offenbar hat die von mir verachtete Spracherziehung der letzten 25 Jahre bei mir ihre erhoffte Wirkung erzielt. Und ich bin nicht traurig darüber.


Allerdings gibt mir zu denken, dass diese Art der Sanktionierung von Sprachgebrauch auch in der anderen Richtung - d.h. im Sinne der Diskriminierung etc. - wirksam ist.


Bleibt also nur, sehr genau zu beobachten, wie wer welche Worte wann verwendet, und sich gegebenenfalls zu wehren bzw. sich erst mal seiner eigenen Wortwahl bewußt zu werden ...