Mütter und Söhne

Als Mutter eines Sohnes (ich habe deren zwei) kann es einem ja Himmel-

(oder Höllen-?) Angst werden.

Jetzt hat man sich wacker durch die 68er gekämpft, ist frei von den alten destruktiven Rollenmustern, emanzipiert und beziehungsdiplomiert, hat einen Sohn am liebenden immer erreichbaren Busen genährt, alles gewährt und getan, dass er ja nicht frustriert wurde oder leiden musste, dass er politisch und sozial ein verantwortungsbewusster Mensch geworden ist ( unsere vollkommenen Mutterwerke liessen sich jetzt noch sehr, sehr lang weiter auflisten..),

und was ist dann?


Vor uns steht, wenn wir das überhaupt wahrhaben wollen, ein MANN!!!

Oh Schreck, was denn für einer? Habe ich es wirklich besser gemacht als die schlimmen Mütter, deren Produkte die Männer sind, über die frau sich ja nur aufregen kann (siehe bitte die vorrangegangenen Beiträge samt treffender Kommentare dieser Kehrwoche!) und die frau, manchmal wenigstens, am liebsten in den Wind schiesst? Oder ist auch so einer durch mich rausgekommen? Jetzt wird es kompliziert.


Wenn ich perfekt produziert habe (natürlich bin nur ich ausschlaggebend, die Mutter, die Stylerin und Produktdesignerin, Väter sind bekanntlich nur Erzeuger), und vor mir der neue bessere Mann = Sohn steht (sensibel, liebesfähig, offen, natürlich einsteinmässig intelligent, ökologisch denkend, jederzeit wissend, was Frauen, bzw. Mütter brauchen....usw.), kommt im schlimmsten Fall eine andere JUNGE FRAU und schnappt ihn mir mit Wonne weg.


Wie stehe ich denn dann da? Ist der Sohn mir nicht die Wonne im Leben, die Alternative in Fleisch und Blut zum meist schon blutleeren langweiligen Ehemann? Nur beim Sohn leuchten doch die Augen der Mutter wie ewige Sonnen.

Und ausserdem, man darf es ja nicht so laut sagen: bei der heutigen Lage der Rentenversicherung ist es sehr vorteilhaft, frau stärkt die Mutter-Sohn-Achse, denn: ein treuer Sohn lässt seine Mutter im Alter NIE im Stich. Man weiss doch wirklich nicht was kommt. Und die Partnermänner werden ja bekanntlich zunehmend weniger interessant, eher lästig. Also Mütter, hier ist strategische Intelligenz gefragt. Weil so doof sind unsere perfekt gelungenen Söhne ja leider in diesen Dingen auch nicht.


Eine erprobte gute Technik ist es, den Sohn unbewusst einzustricken in möglichst dramatische Familienmuster, ihn am besten so zu konditionieren, dass er sich sofort schuldig fühlt, wenn es ihnen, der Mutter, schlecht geht und er dann alls für sie tut oder es alternativ so einzurichten, dass er passende Symptome entwickelt, z.B. eine Angststörung, eine Depression, durch die er keinen Beruf erlernen kann und so bei ihnen in seinem alten Kinderzimmer bleiben muss. Sie sind dann die EINZIGE, die dann noch zu ihm hält, ein Leben lang. Eine sichere Existenz für Sie. Man hat dann zwar eher das Negativ- als das Positivmodell, aber man hat es sicher. Immerhin.


Doch genug nun mit dieser schwarzen Ironie und Satire und zum wahren Ernst!

Als Mutter entkommt frau sich selbst nicht und wird vom Sohn (das gilt natürlich genauso bei Töchtern, die ich leider nicht habe) erbarmungslos in seinen Macken und ungelösten Seelenabgründen herausgefordert.

Es lohnt sich im prophylaktischen Sinne einer Generalreinigung, sich im eigenen familiären Unbewussten umzuschauen und Verstrickungen „in Ordnung zu bringen“, um sich und dem Sohn unendliche Hamsterradgeschichten zu ersparen. Dann meistert Mutterfrau die schwierige Balance zwischen den Sohn einzig und nur als Kind zu lieben und ihn als prächtig gelungenes Mannsbild in ein selbstständiges Leben loszulassen.

Das Vertrackte und Besondere eines Sohnes ist leider wirklich, Freud hat da schon Recht gehabt, dass der Sprössling eine circa fünfundzwanzig Jahre jüngere Version des einstigen Liebeshelden ist, mit knackigem Fleisch und vor allem, selbstgezogen und wenn Muttern es richtig angestellt hat, liebt, folgt und sorgt ER bedingungslos.


Wieder ernsthaft bitte: das beste Rezept fürs Gelingen ist die liebesvolle (bitte ruhig aktiv triebhaft verstehen) und gute Beziehung der Mutter als Frau zu ihrem Mann. Ach, die Liebe....

Als Mutter hat frau eine enorme Verantwortung, sie ist der erste Liebesmensch für den Sohn und muss mühsam ihre eigenen Liebesströme sortieren: meine ich jetzt den Sohn wirklich als Kind oder muss er mir etwas ersetzen oder für etwas herhalten, was ganz woanders hingehört? Bin ICH liebesvoll, habe ich genug von meiner Mutter bekommen und vor allem genommen, dass in mir die Liebe überfliesst und ich absichtslos gern dem Sohn geben kann? Ist mir sein Vater als Mann weiter eine wichtiger Liebesmensch und lebe ich eine gesunde Triade mit Achtung vor und Spass mit meinem Mann, der ja gleichzeitig ein Modell von Mannsein für den Sohn ist, an dem dieser erfährt, wie es Männern später so mit den Frauen geht? Oder spiele ich den Sohn als Besseren gegen den abgewerteten Vater-Un-Mann aus? Ödipus, oh wehe uns allen!


Interessant ist auch die Aufgabenstellung, welche weibliche Lebensform kann der Sohn durch mich als Mutter erfahren?: die unmodern gewordene Aufopfernde, die nährende und immerwährend alles Spendende, die, die nur an sich selbst denkt und Expertin im Abgrenzen (meist natürlich wie schon mehrfach gesagt gegen den Ehemann) und Selbstverwirklichen ist oder eine Mutter, die in viele verschiedene Seinsarten und Beziehungsformen wechseln kann, lebensflexibel ist und nebenbei auch ihre Weiblichkeit sinnlich lebt?

Ganz schön viel, was Mutter-Frau da neben ihrer Paarbeziehung, sofern sie noch eine hat, leisten muss.


Da kann frau als Mutter die modernen, sich selbst-genug-seienden und reproduktionsresistenten Frauen schon etwas beneiden!

Sie müssen sich im ödipalen Geflecht der paradoxen Bindungen nicht verirren, sich nicht mit den Konsequenzen ihres eigenen Tuns auseinandersetzen wie denn der Sohn am Ende des maternalen Einflusses gelungen ist und können maliziös ihre Bessere-Frauenwelt weiterinszenieren und geniessen.


Doch eins bleibt uns Müttern: im Alter HABEN wir unsere Söhne und müssen nicht in der Frauenalterswohngemeinschaft eine andere alte Frau bitten, uns die Fussnägel zu schneiden. Hoffentlich!!!


Jetzt werde ich zu Ende kommen mit meiner Kehrwoche. Es hat mir nach anfänglichen Angstphantasien sehr, sehr viel Spass gemacht, die Tastatur zu schwingen. Schade, dass es vorbei ist.


Heute ist Sonntag und ich möchte Ihnen, verehrte Leserinnen und Leser zum Abschied ein systemisches Geschenk aus dem Paradies machen!

Einen idealen Apfelkuchen! Schnell gemacht und nicht alltäglich, geeignet für die berufstätige Frau, auch Männer können ihn herstellen.

Sinnlich, saftig , cremig, gefüllt mit der Menschheitsapfelhistorie der Verführung und somit geeignet für Basisübungen zur neuen nährenden Weiblichkeit, jedoch auch mit ödipaler Vorsicht zur Dauerbindung idealer Söhne geeignet.

Sie können ihn aber auch einfach so essen!

Die Wirkungen, wenn Männer ihn herstellen, sind bislang noch nicht hinreichend erforscht, versprechen jedoch aufsehenerregende Ergebnisse.

Das Rezept ist systemischen Ursprungs. Ich habe es von der zweiten Frau des Vaters der ersten Freundin meines zweiten Sohnes. Nach Beendigung deren Beziehung halten wir Eltern eine Kochfreundschaft aufrecht.


TORTA DIE MIELE ( Apfelkuchen Montagliari)


Zutaten:

5 säuerliche Äpfel, Zitronensaft

2 Eier

250 g Zucker, evt. 300 g

1 Vanillezucker

100 g flüssige Butter

1/2 Backpulver

100 ml Milch

Puderzucker zum Bestreuen

Äpfel schälen und in hauchdünne ! Scheiben schneiden und mit Zitronensaft beträufeln.

Die übrigen Zutaten in einer Schüssel mit einem Hand-Schneebesen verrühren. Zum Schluss die Apfelscheiben unterheben. In eine gefettete, am Boden mit Backpapier ausgelegte Form geben und bei 180 Grad ca. 45 Min. backen. Die Äpfel müssen weich sein (Stäbchenprobe), sonst noch mit Alufolie abdecken bis sie weich sind.

Dick mit Puderzucker bestreuen und am besten lauwarm servieren. Eine kleine Krönung dazu ist ein Glas Vin Santo, für den weiteren krönenden Rest des Abends müssen Sie selber sorgen, Sie wissen schon....,

sonst lesen Sie die Beiträge dieser Kehrwoche bitte noch einmal von vorn!


Es grüsst Sie herzlichst !

Heidi Baitinger