Mollath

Ob Herr Mollth sich redlich seine psychiatrische Diagnose verdient hat oder nicht, weiss ich nicht. Trotzdem scheint es mir skandalös, dass eine bayerisches Gericht jetzt beschlossen hat, ihn bis 2014 - ohne weitere Begutachtung, d.h. aufgrund eines Gutachtens aus dem Jahre 2006 - psychiatrisch untergebracht zu lassen, d.h. gegen seinen Willen weggesperrt...


Lassen wir mal die Einzelheiten des Falles Mollath weg und schauen allein auf die Tatsache, dass heute - 2013 - eine derartige Massnahme mit einer Diagnose aus dem Jahre 2006 begründet wird...


Wenn wir die medizinische Metaphorik der Mainstream-Psychiatrie bzw. ihrer Diagnostik ernst nehmen, dann wäre das so, als ob heute jemandem der Blinddarm raus genommen würde, der vor etlichen Jahren mal Schmerzen im rechten Unterbauch hatte (ohne dass heute weitere Untersuchungen durchgeführt werden).


Ich persönlich glaube ja nicht, dass die Psychiatrie wirklich zur Medizin gehört (siehe Th. Szasz: Geisteskrankheit - ein moderner Mythos), aber dazu will ich hier gar nicht viel sagen. Was mich wirklich beunruhigt, sind die Richter, die ihrer Verantwortung nicht gerecht werden und sich hinter pseudowissenschaftlichen Gutachten verstecken, wenn sie Menschen gegen ihren Willen in die Anstalt verfrachten.


In der Zeit, als ich noch Gutachten oder gutachterliche Stellungnahmen zur Frage der Zwangsbehandlung von Patienten abgeben musste, habe ich es nie (!) erlebt, dass ein Richter meinem Votum widersprochen hätte (obwohl ich damals - zu Beginn meiner psychiatrischen Karriere - 25 Jahre alt war und die Richter teilweise in den 50ern oder 60ern). Alle unterschrieben innerhalb weniger Minuten - und das wohl weniger, weil ich so überzeugend wirkte, sondern weil sie sich vor der Verantwortung drückten... Schreibtischtäter, wie man sie unter Juristen meiner Erfahrung nach häufig findet.