Mißbrauch

Mißbrauch hat in Deutschland Konjunktur. Erst waren es die katholischen Schuljungs, jetzt ist es Hartz IV.


Der Wittgensteinsche Satz, dass der Gebrauch die Bedeutung eines Begriffs bestimmt, scheint seine Umkehrung zu finden: Der Mißbrauch bestimmt die Bedeutung...


Denn es wird ja wenig oder selten über die positiven Auswirkungen von Hartz IV oder katholischer Schulen geredet, sondern nur über all das, was nicht im Sinne der Erfinder ist.


Bezogen auf Hartz IV ist hier natürlich Westerwelles altrömische Dekadenz an erster Stelle zu nennen.


Aber ich weiss gar nicht, was der Junge eigentlich hat und was ihn so aufregt. Denn wenn jemand die Möglichkeiten, ohne zu arbeiten zu überleben, die unsere Gesellschaft (Gott und den anderen Gesetzgebern sei Dank) eröffnet, tatsächlich nutzt, dann folgt er doch nur der Suggestion, die dem kapitalistischen System inhärent ist: Wer clever ist, kann es sich gut gehen lassen, ohne sich anstrengen zu müssen. Die gute Geschäftsidee, das richtige Investment... All das sind Anreize zur Kreativität. Und diese Kreativität kann sich eben auch darauf beziehen, wie man Geld vom Staat bekommt, ohne dass es einem formal zusteht.


Ich persönlich lebe jedenfalls lieber in einer Gesellschaft, in der ein paar Tausend Leute das System der gegenseitigen Solidarität ausnutzen, als in einem Kontrollsystem, in dem Leute zu Arbeiten gezwungen werden, weil niemand essen darf, der nicht arbeitet.


Die Lösung: Ein Grundrente, kombiniert mit einem Mindestlohn. Auf diese Weise wird viel Geld an Verwaltungskosten gespart und wer sich der Muße hingeben will, darf das; wer vor der Glotze den Tag verbringen will, ebenfalls; und wer mit dieser Art Leben nicht zufrieden ist, der kann auch arbeiten und bekommt dafür einen Lohn, der sich wirklich lohnt. Volkswirtschaftlich macht das durchaus Sinn, gesellschaftspolitisch m.E. auch.