Mehdorn

Die Frage, ob es sinnvoll ist, die Bahn zu privatisieren, würde - wie die meisten Fragen, die nicht direkt den erlebten Alltag des Normalbürgers betreffen - eigentlich niemanden hinter dem Ofen hervorholen können. Dennoch wird diese Frage nicht vergessen, und die Gegner der Privatisierung haben einen unvergleichlich starken Verbündeten. Er sorgt in bewundernswerter Weise - quasi in einer One-Man-Show oder -Kampagne - dafür, dass der Strom derjenigen, die starke Vorbehalte gegen die Privatisierung entwickeln, nicht abreisst und immer neuen Nachwuchs erhält:


Hartmut Mehdorn.


Natürlich ist er es nicht allein, der sich solche Massnahmen wie die 2, 50 Euro Bedienungsgebühr dafür, dass man eine Fahrkarte kauft, ausdenkt. Er hat sich da offenbar mit einfallsreichen Beratern umgeben.


Auf jeden Fall hat er jetzt erreicht, dass auch meine 91-jährige Mutter zu seinen Feinden gehört (und was das bedeutet, weiss ich zwar, aber Hartmut ahnt nicht einmal, was da auf ihn zukommt). Vor allem: Sie ist nicht allein. Rentner, die nicht mit dem Internet umzugehen wissen (wie meine Mutter), wissen sehr wohl, wie man jemandem den Regenschirm über den Kopf haut, ohne dabei den Rollator loszulassen...


Diese Ausplünderungsaktion ist ja vor allem gegen all die gerichtet, die nicht fähig oder willens sind, selbstverständlich zu erwartende Arbeiten der Bahn zu übernehmen wie etwa das Ausstellen und Drucken von Fahrscheinen. Meine Mutter wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in einen Internet-Kurs begeben, um in Zukunft ihre Fahrkarten selbst ausdrucken zu können (zumal sie weder Computer noch Drucker hat).


Es ist so, als ob der Metzger, bei dem man ein Schnitzel kauft, dafür, dass er einem das Schnitzel verkauft noch einmal eine Bedienungsgebühr verlangt.


Dies ist wieder einmal eine der Aktionen, mit denen unser Hartmut seine unangefochtene Stellung als Meister der Kundenorientierung bewiesen hat. Um dem ganzen noch ein Sahnehäubchen zu verpassen, hat er gleich noch angekündigt, dass jährlich mit Preiserhöhungen zu rechnen ist.


Als Bundesbürger (und somit Miteigentümer der Deutschen Bahn) verkünde ich hiermit offiziell, dass kein Politiker in Zukunft mit meiner Stimme rechnen sollte, der für die Privatisierung der Bahn gestimmt hat bzw. in Zukunft sich in dieser Richtung engagiert. (Ich weiss, diese Drohung ist schrecklich! Aber irgendwo muss man ja anfangen.)


Die vor acht Jahren privatisierte Firma, die unser Geld druckt, ist übrigens in diesen Tagen (nachdem sie ausgeplündert worden ist) wieder vom Staat übernommen worden. Ein Schicksal, das der privatisierten Bahn auch droht: die Ausplünderung und der Rückkauf durch den Staat. Schließlich geht es hier nicht um das Verscherbeln irgendwelcher Allerweltsgüter, sondern um die basalen Elemente einer Infrastruktur. Sie zu herzustellen und zu erhalten, ist Aufgabe der Politik. Sie der Selbstregulation des Marktes zu überantworten, ist nicht nur falsch, sondern verantwortungslos.