McCain vs. Obama II

Die zweite Debatte im amerikanischen (und weltweiten) Fernsehen zwischen den beiden US-Präsidentschaftskandidaten.


Auf der Inhaltsebene: nichts Neues.


Daher war es interessant, den Unterschied zur ersten Debatte im Auftreten der beiden zu beobachten.


McCain hat Obama zwar angegriffen, aber nicht mehr die bei ersten Mal so auffallende One-up-Manship praktiziert ("Was Sen. Obama nicht versteht...", "Er versteht nicht...." usw.). Auch jetzt war im CNN-Stimmungsbarometer abzulesen, dass vor allem Frauen nicht erfreut auf Angriffe auf den Gegenspieler reagieren.


Obama hat es geflissentlich unterlassen, McCain zuzustimmen. Das hatte ihm beim ersten Mal nur eingebrockt, dass diese Sätze ständig in republikanischen Werbespots wiederholt wurden - ein wenig aus dem Kontext gerissen, selbstverständlich.


Beide Kandidaten haben sich also als lernfähig erwiesen. Obama dürfte in der öffentlichen Wahrnehmung gewonnen haben, weil er kompetent und ernsthaft auf die Fragen des Publikums einging. Denn die Themen kamen diesmal von sorgfältig ausgewählten Bürgern, und das Setting entsprach einer Townhall-Versammlung, d.h. die beiden Kontrahenten wurden von richtigen - ausgewählten - Menschen gefragt.


Die allgemeine Einschätzung vor der Debatte war, dass dieses Format McCain zugute komme, da er spontan und humorvoll auf das Publikum reagiere und so Kontakt herstelle. Das war gestern Abend aber nicht zu sehen, denn auf Beerdigungen kommt man mit Witzen nicht gut an, und die ausgewählten - "noch unentschiedenen" - Normalbürger neigten nicht zum Galgenhumor (was wohl eh eher eine britische als eine amerikanische Eigenschaft ist).


Also. Das Format hat nicht geholfen. Obama wirkte deswegen kompetenter, weil er sich mehr als sein Gegner bemüht hat, auf die Fragen einzugehen (auch wenn er sich nicht verkneifen konnte, McCains Behauptungen das eine oder andere Mal zu korrigieren), präzise formulierte und weniger Worthülsen von sich gab. Außerdem zeigte er sich auch in diesen Zeiten der Krise ruhig und fokussiert.


Ich neige ja nicht dazu, irgendwelche Personen des öffentlichen Lebens zu idealisieren (dazu hatte ich auch schon zu viele als Patienten, Klienten, Kunden - wie immer man das nennen mag). Aber wenn es stimmt, dass Krisen immer Chancen und Gefahren zugleich sind, dann besteht jetzt die Chance, dass Obama wirklich US-Präsident wird. Sein wesentlicher Vorteil scheint mir zu sein, dass er wohl die besseren Berater als McCain hat - oder besser auf sie hört.


Unabhängig von dem, was er tun wird oder könnte, wäre die Tatsache, dass ein Afroamerikaner Präsident wird, eine Botschaft an die Welt, die von der Welt wahrgenommen und beantwortet werden dürfte, so dass auch Amerika sich verändern würde (hoffe ich wenigstens).