Mal was ganz alltägliches: nächtliche Selbstorganisation

Heute Nacht sind wir über den Osnabrücker Flohmarkt gelaufen. Ein kleines lokales Konkurrenzprogramm zum Weltjugendtag in Köln. Natürlich können wir in Osnabrück keine 500.000 bieten. Aber einige tausend waren sicher auch auf den Straßen.


Aus systemischer Sicht ist die Selbstorganisation der Strukturen bemerkenswert. Ich meine damit weniger Veränderungen in dem Ramsch, der angeboten wird (obwohl erstaunlich ist, was da alles so ver- und gekauft wird: am sinnvollsten erscheint mir das noch bei Spielzeug und dergleichen, das meist recht teuer war, schnell den Aufmerksamkeitsfokus der Kinder verlässt und dann fast neu andere Besitzer finden kann).


Es geht vielmehr darum, dass dieser Flohmarkt „eigentlich“ am Sonntagmorgen beginnen soll. Im Laufe der Jahre wurde das aber immer früher. Und inzwischen ist daraus eher ein Nachtflohmarkt geworden: Die Stände werden so gegen 18 Uhr (und noch eher) aufgebaut. Spätabends und Nachts schieben dann Tausende durch die Gassen. Das ist wegen der mäßigen Beleuchtung natürlich unpraktisch. Teelichter bringen zwar eine vorweihnachtliche Atmosphäre (passt zum Wetter). Aber Bücher- und CD-Titel, Schlümpfe und Hippos, Tassenmuster und Elektrostecker lassen sich da nur schwer erkennen. Also geht jeder ernsthaft Suchende mit einer Taschenlampe bewaffnet. (Meine Frau und ich waren allerdings keine ernsthaft Suchenden – nur ein wenig die Beine vertreten, und die Tochter (22) besuchen, die – auf Semesterferien – mit 2 Freundinnen auf einer Campingliege als „Stand“ alte Kinderspiele und dergleichen verkauft und so ihre zurückgelassenen Kisten etwas entleert).

Sonntag früh, wenn der Flohmarkt „eigentlich“ beginnt, ist alles Interessante längst an den Mann bzw. die Frau gebracht.


Mal sehen, wann Ordnungsamt und Polizei da einschreiten – oder sollte hierzulande tatsächlich irgendwo unkontrollierte Selbstorganisation möglich sein?


**p.s.:** natürlich habe ich das über unsere nette Osnabrücker Flohmarkt- Idylle nur erzählt, um von dem 1943 in Osnabrück geborenen ehem. Verfassungsrichter Paul Kirchhof abzulenken. Dieses – selbst von der Financial Times als „Steuer-Rambo“ bezeichnete - Mitglied in Merkels Kompetenzteam liefert ein weiteres Musterbeispiel für die 30-Sekunden-takes: In 10 Minuten soll man eine Steuererklärung schreiben können (vermutlich auf dem Merzschen-Bierdeckel) und der Spitzensteuersatz soll bei 25% liegen. „Free bacon for all mouses!“. Wie sich das rechnet, lässt sich natürlich nicht in 30 Sekunden sagen (und ich fürchte, auch nicht mit mehr Zeit).


Aber das selbstorganiserte Chaos in den Konzepten der Politker ist ein anderes Thema.