Lokführer

Die Lokführer-Gewerkschaft hat vor Gericht gesiegt, und mit ihr das Streikrecht...


Wenn nun Herr Mehrdorn an die Kanzlerin einen Brief schreibt, in dem er fordert, die Macht kleiner Gewerkscahften zu beschneiden, um die Einheit der Tarifverträge für jeden Betrieb zu gewährleisten, so zeigt er sich als hoffnungsloser Nostalgiker, der dem seit einigen Jahren begrabenen System des "Rheinischen Kapitalismus" nachtrauert. Da gab es noch die Macht der Verbände, die ihre Vertreter miteinander austesten und -handeln ließen, welche Art der Konfliktlösung für alle lebbar und mit dem Interesse der Volkswirtschaft vereinbar war.


Doch das ist ja Schnee von gestern. Wo jeder Einzelne sich als Ich-AG verstehen und autonom sein Überleben sichern soll, da werden doch wohl einzelne AG's als AG's behandelt weden können. Es ist daher nur eine Frage der Zeit, dass jeder Betrieb seine eigenen Tarifverträge aushandelt. Und es ist auch nur eine Frage der Zeit, wann jede Berufs- und Interessengruppe das ebenfalls tun wird (die Lufthansa-Piloten waren die Vorreiter). Die alte Solidargemeinschaft ist hin, die innebetrieblichen Beziehungen werden immer mehr dem Ideal des freien Marktes angepasst, d.h. die Macht hat immer der, der für den anderen weniger austauschbar ist als umgekehrt.


Und die Lokführer sehen halt, dass sie weniger leicht austauschbar sind als das angelernte Servierpersonal im Speisewagen.


Wer nicht will, dass Lokführer streiken, weil es der Volkwirtschaft (Neudeutsch: dem "Standort Deutschland") schadet, der muss sie eben verbeamten. Aber auf der einen Seite eine quasimonopolistische Funktion für die Verkehrsinfrastruktur für sich zu beanspruchen und auf der anderen Seite an Profiten orientiert zu sein, um den Börsengang hinzukriegen, passt nicht wirklich zusammen.


Was aber zusammen passt, sind Mehdorn und Tiefensee, die beide versuchen die Ebnenen zu vermischen, und aus der politischen Perspektive argumentieren, um wirtschaftliche Zwecke zu erreichen. Es ist - nebenbei bemerkt - immer gefährlich, wenn sich Politiker an den Ratschlägen von Managern und Verantwortlichen aus der Wirtschaft orientieren. Ein Unternehmen ist etwas anderes als ein Staat. Beide haben unterschiedliche Aufgaben und folgen einer anderen Funktionslogik. Unternehmen sind z.B. ziemlich undemokratisch funktionierende Systeme. Wer dort seine Sozialisation erhalten hat, ist als Politiker nur sehr bedingt geeignet...


Man kann nur hoffen, dass auch in Zukunft Gerichte helfen (das Grundgesetz) beide Systemtypen - Staat und Unternehmen - und ihre Regeln auseinander zu halten.