Lob des Eigensinns

Heute findet man im Systemagazin einen Glückwunsch zum 60.Geburtstag von Jürgen Hargens. Ich bin ihm nicht sehr oft begegnet und so richtig gut verstanden haben wir uns dabei auch nicht. Trotzdem scheint mir sein Geburtstag ein guter Anlass, ihm nicht nur zu gratulieren und alles Gute zu wünschen, sondern auch, um ihn als ein Beispiel dafür zu nehmen, was man alles bewirken kann, wenn man nur entschlossen und eigensinnig genug ist.


Als er 1983 (?) die "Zeitschrift für Systemische Therapie" gründete, kannte ihn niemand, und die systemische Therapie fristete ein Außenseiterdasein. Es gab - natürlich, muß man wohl sagen - noch keine Fachgesellschaften oder Ähnliches. Es war eine Zeit, in welcher der Konflikt zwischen eher system- und kommunikationstheoretisch begründeten Ansätzen in der Familientherapie und den eher psychoanalytisch orientierten ziemlich verbittert war. Die einzig existierende (bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, es stimmt) Fachzeitschrift war die "Familiendynamik", und die hatte damals das Wort "systemisch" noch nicht im Untertitel.


Durch die Initiative von Jürgen Hargens kam Farbe in den Blätterwald, was der Diskussion und Auseinandersetzung förderlich war.


Die Geburt dieser Zeitschrift verdankte sich der Initiative und dem Eigensinn eines Menschen, der in der Provinz (irgendwo im fernen Norden) lebte, und daher gut informiert war, was in der Welt sonst noch so passierte. (Provinziell werden ja interessanterweise immer nur diejenigen, die sich am Nabel der Welt wähnen.)


Wie ich finde, eine ermutigende Story, die zeigt, dass man sich nie vom vermeintlichen "Realitätssinn" abhalten sollte, das zu tun, was einem sinnvoll erscheint. Ein paar entschlossene Leute können vielleicht nicht die ganze Welt aus den Angeln heben, sie können sie aber verändern und bunter und manchmal sogar besser machen... (was natürlich eine Bewertung ist, die im Auge des Betrachters liegt).