Lob der Disziplin?

Es ist doch erstaunlich, welch großer Beliebtheit bei den Medien sich immer wieder ziemlich schwachsinnige Konzepte des Menschen und des Umgangs miteinander erfreuen. Zu den auffälligsten und m.E. ärgerlichsten gehört in den letzten Monaten das "Lob der Disziplin" von Bernhard Bueb, dem ehemaligen Leiter des "Elite"-Internats Salem.


Hier werden Schlichtmodelle des Menschen und der Menschenführung propagiert, die eigentlich nicht ernst zu nehmen sind. Wären sie nicht in jeder zweiten Talkshow diskutiert worden, so würde das wahrscheinlch ja auch keiner. (Aber vielleicht ist solch eine Nicht-Auseinandersetzung nur Ausdruck meines elitären Hochmuts.)


Jetzt ist auf jeden Fall ein Buch erschienen, das sich sachlich mit den Buebischen Positionen auseinanderzusetzen versucht, und dem hoffentlich dieselbe Medienaufmerksamkeit beschieden ist, wie dem Pamphlet aus Salem: "Aberglaube Disziplin" von Rolf Arnold (Carl-Auer-Verlag). Allerdings ist das zu bezweifeln, da schon wieder irgendwelche "anderen Säue durchs Dorf getrieben werden" (zum Beispiel Eva Hermann).


Was mich immer wieder verwundert, wie simpel das Welt- und Menschenbild vieler Lehrer (auch in meinem engeren Bekanntenkreis) ist. Verstehen kann ich ja, dass man diese Art Arbeit nicht ewig ausführen kann, irgendwann ausgebrannt ist usw. Aber das dann den Kindern und Jugendlichen statt der Institution Schule anzulasten, ist m.E. ziemlich daneben. Auch der Rückgriff auf steinzeitliche Vorstellungen vom Funktionieren der Autorität ist nicht ein Zeichen von sonderlicher Aufgeklärtheit.


Gibt es eigentlich irgendwelche Untersuchungen, was aus den Schülern von Salem wird/geworden ist?


Mein generelles Problem mit der Schule (und ich oute mich hier als "Schulhasser") ist, dass man da eh nicht viel Anderes lernt als Disziplin (von Lat. discipulus = der Schüler). Man lernt im besten Fall, sich in eine hierarchische Organisation einzufügen, in der man entweder mit Leuten auf derselben Hierarchieebene zu tun hat oder mit Über- und Unterordnungsverhältnissen umzugehen hat. Meine Vermutung ist, dass man das in Salem ganz besonders gut lernt. Und da man - von der finanziellen Grundausstattung der Herkunftsfamiline her - im späteren Leben eher zu denen gehört, denen andere sich unterzuordnen haben, hat man auch wenig am impliziten Lehrstoff dieser Einrichtung auszusetzen. Zumindest ist das meine persönliche Erfahrung mit ehemaligen Absolventen... (aber - auch das ist meine Erfahrung - es funktioniert nur sehr begrentzt).