Lindnern

Ich gestehe, dass ich Christian Lindner nicht so unsympathisch finde, wie meine ständige Begleiterin es tut (die ihn zum Kotzen findet). Ich fand, dass er damals, als die FDP-Boygroup im Kabinett von Frau Merkel untergebuttert wurde, eine gute Figur gemacht hat (er war ja auch nicht in der Regierung).


Ich bin mir allerdings nicht klar, ob die Rückkehr der FDP in den Bundestag wirklich - wie öffentlich dargestellt - sein Verdienst bzw. das seiner, am Vorbild von Baumärkten orientierten Marketingstrategie ist oder doch nur Ausdruck der Nostalgie, der Sehnsucht nach oder Erinnerung an Genschmen o.Ä.


Lindner wollte ja - nach allem, was man so hört - nicht in die Regierung, sondern in der Rolle des Oppositionsführers ein neues Profil seiner Partei in der öffentlichen Wahrnehmung etablieren. Mit dem Abbrechen der Jamaika-Verhandlungen kann er nun dieses (wahrscheinlich) ursprüngliche Programm umzusetzen versuchen...


Allerdings bezweifle ich, dass dieses Aussteigen aus den Koalitionsverhandlungen der FDP zu mehr Zuspruch verhelfen wird. Ich vermute, dass der Begriff "lindnern" in Zukunft für ein das Staatsinteresse hinter das persönliche Interesse zurückstellendes Verhalten eines Politikers gebraucht werden wird.


Deutschland geht es (volkswirtschaftlich betrachtet) ziemlich gut, keine Krise, kein Notstand (trotz der paar Hanseln AfD im Bundestag). In Europa ist die Lage etwas anders. Da wird ein stabiles Deutschland (an der Seite der Franzosen) benötigt, um die Auswirkungen der Solidaritätskündigung (Verteidigung, America first) der USA zu bewältigen und das Ausscheren der vorübergehend geistesgestörten Briten aus der EU zu organisieren usw. (Putin, Orban, Pis in Polen), und Herr Lindner verweigert sich dieser Verantwortung, um einiger provinzieller Petitessen willen, die er möglicherweise für seine Klientel (trotz seines demonstrativ gepflegten Dreitagebarts immer noch: Besserverdienende) nicht wie gewünscht sofort (sondern erst später) heraushandeln konnte (so stellt es sich wenigstens vielen Leuten dar, und ich vermute, die werden das bei nächster Wahlgelegenheit zeigen).


Doch wieder das Prinzip Boygroup, nur, dass jetzt allein ein Boy übrig gebliegen ist.