liebe Arbeit

Heute bin ich beim Durchsehen einiger alter Notizen auf den folgenden Selbsttest gestoßen:


Wann mache ich meine Arbeit gerne?


- Wenn die Arbeitszeiten stimmen.


- Wenn das Geld stimmt.


- Wenn die Beziehung zu den relevanten Kollegen/Vorgesetzten sehr gut ist.


- Wenn man Würdigung und Lob bekommt.


- Wenn man mit Leidenschaft bei der Sache ist.


Diese Fragen hatte ich vor Jahren in meiner ersten Stelle nach dem Studium zusammengestellt. Damals wurde ich unzufrieden, irgendwie wurde alles etwas schal und ich wollte wissen warum.


Es war eine ganz andere Situation: ich war angestellt, nicht wie heute selbständig. Damals war ich nicht die Gestalterin des Gehaltes und der Arbeitszeiten, auch die KollegInnen konnte ich mir nicht aussuchen. Ich hatte mich allen Bedingungen ausgesetzt gefühlt, fand das aber ganz OK, immerhin hatte ich diese Stelle wählen können.


Aber eigentlich war der Inhalt der Arbeit, waren die eigentlichen Themen und Vorgehensweisen nicht im Einklang mit meinen Interessen und Leidenschaften.


Damals war mir das nur halb bewusst, im obigen Selbsttest konnte ich die ersten 4 Fragen sehr positiv beantworten, nur die letzte eben nicht. Aber es war ja nur eine von 5 Fragen, es konnte also nicht so schlimm sein. Ich kannte die Rangfolge meiner Kriterien nicht.


Mich rührt das im nachhinein noch an, weil ich einerseits so ernst nach dem ursächlichen Problem gesucht habe, andererseits aber - aus heutiger Sicht – etwas hilflos dabei war. Heute finde ich die Frage nach der Leidenschaft für den Beruf ganz zentral und im Rückblick gesehen kam ich mit jeder neuen Station näher an meine Leidenschaften heran, zuletzt, indem ich mich mit meinen Themen selbständig gemacht habe.


Ich komme ins Grübeln. Was von dieser Erfahrung ist eigentlich auf andere Personen übertragbar? Wie gut kann jemand seine Leidenschaften im Beruf ausleben in gesetzten oder auch ungünstigen Arbeitsplatzbedingungen? Ist die Selbständigkeit eine typische Strategie zur Selbstverwirklichung und für befriedigendes Arbeiten – oder nur eine unter mehreren? Welche gibt es noch?


Derzeit konzipiere ich Kurse zur Berufsfindung für junge Leute. Heute habe ich mir aus der Vergangenheit selber auf die Schulter getippt und nun stelle ich alles wieder in Frage. Fühlt sich mühsam an, hat aber wohl Sinn, eine Prüfung aus einer weiteren Perspektive vorzunehmen. Bin gespannt, wo ich damit lande.