Kurt Beck und die SPD

"Ich lenke", hat Kurt Beck gesagt, als er aus dem Krankenstand (so heißt es doch, oder?) zurück ins Amt kam.


Tut er das wirklich? Lenken? Will er das? Kann er das? Darf er das?


Die SPD befindet sich wieder einmal in einem Stimmungstief, nur 20 % der Wähler würden ihr die Stimme geben, wenn demnächst Bundestagswahl wäre... Kurt Beck erscheint nicht als die unumstrittene Autorität, die man als Führungsfigur identifizieren und akzeptieren würde. Wenn jemand sagen muss, dass er lenkt, so erscheint das offenbar zweifelhaft. Und je mehr er es betonen muss, umso zweifelhafter erscheint das.


Die SPD hat ein Führungsproblem.


Aber das hat sie nicht erst heute, sondern schon lange - wenn nicht schon immer.


Meine These ist, dass die SPD aufgrund ihrer Werte, die ja auf Gleicheit und Solidarität setzen - um das nur mal stichwortartig anzudeuten - schon immer Schwierigkeiten hatte, vielleicht auch haben muss, wenn eine Person sich als stark und machtbewußt und mit dem Willen zur Macht zeigt oder darstellt. Im Zweifel wählt man Leute an die Spitze, die offensichtlich wenig Lust auf Macht haben und/oder dazu ungeeignet sind. Als es vor Jahren in einer Ur-Wahl darum ging, wer SPD-Vorsitzender werden sollte, wurden weder die rote Heidi Wieczorek-Zeul noch Gerhard Schröder, der keinen Hehl daraus machte, ins Kanzleramt zu wollen, gewählt, sondern Rudolf Scharping, der eh immer lieber seine Zeit im Tross der Tour de France verbrachte (und da wohl auch einen guten Platz hat, weil er auf jeden Fall unverdächtig ist, Dopingmittel zu nehmen).


Und man ließ Scharping diese Position einnehmen, weil durch ihn - das Fleisch gewordene Machtvakuum - die Frage, wer denn nun Helmut Kohl stürzen könnte oder sollte, erst einmal unentschieden bleiben konnte. Trotzdem dauerte es nicht lange, bis Oskar Lafontaine in in relativ rüder Weise aus dem Amt jagte und Gerd Schröder ihm dabei half.


Jetzt stellen sich auch alle hinter Kurt Beck, weil klar ist, dass er nie Kanzler werden wird und er all den in den Startlöchern stehenden potentiellen Kandidaten (z.B. den "Stones") den Platz warm hält, ohne dass die sich schon vorzeitig verschleissen müssten.


Richtig geliebt hat die SPD - die ja über lange Zeiten ihrer Geschichte ihre Identität aus Oppositionsrolle gewonnen hat - ihre "starken Männer" eigentlich nie. Weder Helmut Schmidt noch Gerhard Schröder waren jemals die Lieblinge der Partei. Bei Willy Brandt schien das etwas anders. Er gewann paradoxeweise seine Stärke, weil er Wehner an seiner Seite hatte, der ihn schwach und damit für die Partei akzeptabel erscheinen ließ. Als es zum Konflikt zwischen beiden kam, wurde er zwar eiskalt abgeschossen, aber für diese Niederlage wurde er dann von der Partei geliebt. Solidarität mit den Verlierern...


Wie soll solch eine Partei länger an der Regierung bleiben, wenn ihr immer dann die eigenen Leute weglaufen, wenn sie es mal nach ganz oben geschafft hat?