Kulturkampf

Wenn man im amerikanischen Fernsehen die sogenannten Townhall-Meetings zwischen Abgeordneten und Bürgern ihrer Wahlkreise beobachtet, so wird man Zeuge von Emotionsausbrüchen - bis hin zur Gewaltanwendung -, die für den Außenstehenden kaum verständlich sind.


Eigentlich soll es dabei um das im Moment in Arbeit befindliche Gesetz zur Gesundheitssystemreform gehen. Aber aufgebrachte Mengen schreien ihre Abgeordneten nieder, verhindern jede Form der inhaltlichen Diskussion, und behaupten, die USA wären auf dem Weg zum Sozialismus.


Die Argumente gelten nicht nur nicht den vorgeschlagenen Reformen, sie erscheinen - wie diejenigen, die sie äußern - auch ausgesprochen "nuts". Spinner, Idioten, offensichtlich durch alle möglichen Gerüchte aufgehetzt.


Mir scheint, dass sich hier die Frustration, einen farbigen Präsidenten zu haben, und die Angst, die Kontrolle über das Land zu verlieren, Ausdruck verschaffen als Sorge um die Krankenversicherung. An diesen Tumulten scheinen keine Vertreter von Minderheiten - keine Schwarzen, keine Latinos - beteiligt.


Ein wütendes Aufbegehren derer, die ihr altes, weisses Amerika bewahren wollen...


Paradoxerweise helfen sie wahrscheinlich auf diese Weise, ein Reformgesetz durch die Gremien und die Abstimmungen zu bringen. Denn die demokratische Partei, die eine solide Mehrheit in beiden Häusern hat, ist (war) tief gespalten. Hier kann nur ein offensichtlich irrational agierender äußerer Feind für Einigkeit sorgen...