Korruption

Um hier noch einmal meinen gegenwärtigen Lieblingssoziologen (Diego Gambetta) zu zitieren:


Korruption, wie sie beispielsweise in Italien flächendeckend zu beobachten ist, dürfte ihren Grund in zu vielen Gesetzen und Regelungen haben. In Italien gibt es ca. 100.000 Gesetze und Verorndungen, die das Zusammenleben steuern sollen. In Frankreich sind es ca. 7000, in Deutschland ca. 6000.


Folge der vielen Regelungen ist, dass jeder fast zwangsläufig fast jeden Tag irgendwelche Gesetze übertritt. Das wird allerdings nicht geahndet, da die Polizei gar nicht hinterher käme. Aber es bleibt trotzdem nicht unbeobachtet. Dadurch eröffnet sich die Möglichkeit der gegenseitigen Erpressung: "Ich weiss etwas über dich, und daher musst Du machen, was ich gerne hätte..." usw. Auf diese Weise wird ein Netzwerk dyadischer Abhängigkeiten geschaffen, weil jeder über jeden etwas weiss etc. Das personenbezogene Erpressungspotential schafft personenbezogene Kumpanei. Gerade die Unfähigkeit der Polizei, alle Delikte zu verfolgen, gibt dem lieben Nachbarn die Macht, seinen eigenen Wünschen Nachdruck zu verleihen, indem offen oder verdeckt mit Denunziation gedroht wird...


Und ich dachte bislang, es sei ein mediterranes Kulturmerkmal, dass eher personenorientierte Regeln der Kommunikation zu finden sind.


Es ist das italienische Paradox : Zu viele Gesetze erzeugen Korruption.