Kopf ab

In einem Greyhound-Bus hat auf dem Weg von Edmonton nach Winnipeg ein Mann seinen Sitznachbarn, den er aller Wahrscheinlichkeit nach nicht kannte, ja, mit dem er wahrscheinlich nicht einmal ein Wort gesprochen hatte, mit mindestens 40 Messerstichen getötet und ihm dann den Kopf abgeschnitten.


Das ist natürlich schrecklich. Wie soll man wieder in Ruhe Bus fahren nach solch einem Geschehen?


In Kanada, das meiner Einschätzung nach ein ziemlich sicheres und vertrauensbasiertes Land ist, beginnt nun die Diskussion, ob man die Passagiere von Bussen nicht mehr kontrollieren müsste. Doch das scheint, wenn man es nüchtern betrachtet, kaum eine Lösung. Denn eigentlich müsste man ja dann auch alle Straßenbahnen bzw. Stadtbusse, die Nutzer der Eisenbahn, ja, die Besucher von Schnellrestaurants etc. kontrollieren.


Sollte man nicht Eintrittspforten für den öffentlichen Raum errichten, die Röntgenkontrolle bei Betreten der Stadt obligatorisch vorschreiben? Oder besser noch: beim Verlassen des Hauses?


Bei Flugzeugen geht das mit der Kontrolle ja ganz gut, da es sich hier um eine überschaubare Zahl von Passagieren handelt und sie alle durch dieselbe Eingangstür müssen. Das punktförmige Netzwerk der Flughäfen hilft auch noch. Wo das nicht so ist, erreichen Kontrollversuche dieser Art logistisch ihre Grenze.


Die einfachste (und bewährteste) Lösung ist deshalb, den Täter für "verrückt" zu erklären. Dann stellt er eine Ausnahme dar, welche die Regel bestätigt. Normalerweise kann man vertrauensvoll in Busse steigen, aber manchmal hat man halt Pech und jemand, der vollkommen unberechenbar ist, sitzt neben einem und schneidet einem den Kopf ab. Aber, da es die Ausnahme ist, muss man nicht damit rechnen. Also kein Grund, schon vorher den Kopf zu verlieren. Schließlich kann man ja auch nicht damit rechnen, den Jackpot im Lotto zu gewinnen.


Solch eine Diagnose dient nur selten dazu, dem Betreffenden irgendwie etwas Gutes zu tun (wer wollte das in dem Fall auch?), sondern das soziale System zu entlasten. Hierin liegt die eigentliche Funktionalität von solchen Diagnosen. Wenn die "Verrückten" kontrolliert werden, dann brauchen nicht die Durchschnittsbürger kontrolliert zu werden. Sie aus dem Verkehr (hier im wahrsten Sinne des Wortes) zu ziehen, sorgt für das Vertrauen, das den Alltag erst lebbar und das Busfahren weiter möglich macht.