Konsumgutscheine

Auf den ersten Blick scheint es ja irre, in einer Überflußgesellschaft wie unserer, in der Kaufrausch bald von den Krankenkassen als zu behandelnde Störung anerkannt werden dürfte, Gutscheine auszugeben, die jeden Bürger dazu bringen sollen, Dinge zu kaufen, die er eigentlich gar nicht braucht.


Aber beim zweiten (systemischen) Blick erscheint die Idee gar nicht so blöd. Denn wir alle leben ja in einer derart vernetzten Gesellschaftsform, dass alle Institutionen vom Florieren der Wirtschaft abhängen. Wo nicht konsumiert wird, gibt es keine Arbeitsplätze, fallen keine Steuereinnahmen an, gibt es keine öffentlichen Investitionen in Schulen etc. Aber in unsicheren Zeiten gehen alle Leute auf Nummer Sicher, d.h. sie konsumieren nicht, sondern sparen für schlechte Zeiten. Individuell ist ja sinnvoll, aber kollektiv, d.h. auf das Wirtschaftssystem bezogen, ist das nicht wirklich nützlich, weil es zur Verstärkung des Abschwungs führt.


Konsumgutscheine zu verteilen wäre so etwas wie eine paradoxe Intervention auf gesellschaftlicher Ebene. Da alle sparen, schenken wir ihnen Geld, damit sie konsumieren können. Aber wir es ihnen schenken so, dass sie es in den Konsum stecken müssen und nicht noch mehr sparen. Das täten sie, wenn die Steuern gesenkt würden. Beim Konsumgutschein ist das anders. Man kann ihn nur nutzen, wenn man wirklich was kauft. Das hilft den Produzenten, den Arbeitnehmern, den Steuereinnahmen des Staates... Im Idealfall sollte solch eine Maßnahme sich selbst finanzieren können - durch Einsparung von Arbeitslosengeld, höhere Steuereinnahmen usw.


Was wir gefällt an dem Modell, ist der Umverteilungsaspekt. Wenn jeder 500 Euro bekommt, so wird dies aus Steuereinnahmen finanziert. Obwohl manche Leute viel Steuern zahlen und andere wenig, erhält jeder denselben Betrag. Für arme Leute ist er (relativ) hoch, für reiche Leute (relativ) niedrig. Deswegen haben auch diejenigen, die jetzt lange Zeit Reallohneinbussen hinnehmen mussten, relativ mehr davon als diejenigen, denen es in den letzten Jahren besser ging.


Man muss nicht an den Weihnachtsmann glauben, um die Nützlichkeit von Geschenken zu erkennen.