Kommentare zur aktuellen Erziehung: Teil 7

**Die heimlichen Miterzieher in den Elektronikmedien**


Das kindliche Bedürfnis nach Interessantem ist natürlich. Zunehmend mehr wird es medial gestillt durch Fernsehen, Computer und Spielkonsole. Das ist ein Leben aus zweiter Hand. Besonders junge Menschen ahmen erlebte oder vorgespielte Handlungen und Einstellungen nach - auch die des Fernsehens. Dort werden selten produktive und sozial angemessene Problemlösungen gezeigt, sondern unrealistische, sensationelle oder brutale. Liebe Leserin, lieber Leser überprüfen Sie bitte von Kindern und Jugendlichen bevorzugte Fernsehsendungen nach deren Realitätsgehalt und nach der Form der Problemlösungen.


Die Faszination der ständig verfügbaren Medien führt zu einem unreflektierten geistigen Mengenkonsum, der von den Kindern nicht mehr angemessen verarbeitet werden kann - und falsche Vorbilder prägen das kindliche Erleben und Handeln.

Die schnelle Schnittfolge des Fernsehens erzeugt nicht nur Spannung und Action, sondern erfordert ein hohes Maß an Konzentration und schnellem Auffassungsvermögen. Die emotionale und inhaltliche Verarbeitung des Filmes wird erschwert, besonders für Kinder. Freizeit erzeugt dadurch in hohem Maße Stress.

Liebe Leserin, lieber Leser, sehen Sie sich einen alten Film an und bemerken Sie, wie lang viele Einstellungen ohne Schnitt verweilen und dennoch Spannung vermitteln. Kinder reagieren auf diese langsame Folge mit Langeweile und sie schalten zum nächsten Kanal.


**Auswirkungen in der Schule**


Lehrer beobachten die Wirkungen: Kinder können dem Unterricht meist nicht länger als zehn Minuten folgen. Lehrer können oft nur noch mit sehr attraktiven Unterrichtsimpulsen Kinder mit dieser geringen Aufnahmefähigkeit erreichen. Sie merken deutlich den hohen Fernsehkonsum am Wochenende, da die Kinder regelmäßig am Montag übermüdet und überreizt sind. Dieser Tag ist somit nur eingeschränkt für den Unterricht nutzbar.

Die junge Generation wird als Schlaraffenland-Generation bezeichnet, die sorgenfrei, möglichst ohne Verpflichtungen, aber mit viel Bedürfnisbefriedigung leben kann. Im Märchen Pinocchio werden die scheinbar sorgenfreien Kinder des Schlaraffenlandes in Esel verwandelt. Die allen bekannte PISA-Studie zeigt einen Teil der Folgen der Erziehungseinstellung unserer Gesellschaft auf. Die Eselsmütze sitzt bereits auf unserem Kopf.


**Die Jugend ist ein Produkt ihrer Erziehung**


Ist dieser Beitrag ein Rundumschlag gegen das Fernsehen? Gegen Eltern? Gegen die Jugend?

Die Jugend kann nichts für ihre Erziehung. Sie reagiert auf Erziehung. Probleme der Jugend spiegeln die Probleme der Gesellschaft wieder.

Wer ist dabei "die Gesellschaft"? Das sind wir alle. Wir alle im Staate müssen diese Verantwortung übernehmen und glaubhaft vorleben. Erziehung ist ein wichtiges Anliegen jeder Gesellschaft und jeder Kultur. Menschliche Kultur definiert sich u.a. auch dadurch, dass Vorstellungen über die Welt, Werte, Normen, religiöse Überzeugungen tradiert werden.


Eltern handeln mit besten Absichten. Sie streben das Wohl ihrer Kinder an. Sie befinden sich unter einem gesellschaftlichen Druck und wollen sich zeitgemäß im Trend bewegen.

Sie stehen aber auch unter dem Erwartungsdruck ihrer Kinder, wenn diese es gewohnt sind, durch Forderungen und eskalierend durch Aggressionen ihre Bedürfnisse durchzusetzen, quasi als Besitzstandswahrung. Sie haben es von ihren Eltern gelernt, ihre Bedürfnisse stark zu artikulieren und bei Defiziten Forderungen zu stellen.

Wo Eltern in der Erziehung Veränderungen einführen wollen, müssen sie mit Widerständen rechnen. Das ist überall so, auch in der Industrie, im Büroleben usw. da Kinder meist mehr Ausdauer besitzen und ihre Privilegien verteidigen wollen, werden sie fordernd und penetrant. Sie haben dabei auch gelernt, dass dann ihre Eltern diesem Druck letztlich nachgeben.

Hier üben Eltern dann keine aktiv gestaltete und von ihnen gewollte und gestaltete Erziehung aus; sie sind dabei äußerst passiv, indem sie den unangenehmen Forderungen nachgeben. Erziehung sollte jedoch kein Vermeidungsverhalten, keine Flucht bei Konflikten sein, damit man wieder seine Ruhe hat!


**Eltern sind verunsichert**


Eltern werden jedoch in unserer so komplex gewordenen Gesellschaft oft allein gelassen. Sie haben mannigfaltige Rollen zu erfüllen und sind in der Rolle des aktiven Erziehers ungeübt und verunsichert. Die Freiräume und gleichzeitig Verantwortungen, die Erziehung fordert, haben sie vielleicht ebenfalls nicht zuverlässig erfahren.

Eltern benötigen Unterstützung, damit sie Grundelemente der Erziehung wie Konsequenz, Werte zur Konfliktlösung und Übernahme von sozialer Verantwortung an ihre Kinder vermitteln können.

Erziehung ist die aktive Auseinandersetzung mit den Forderungen von Gesellschaft, Kind, Familie, persönlichen Bedürfnissen.


Die stetig steigenden Anmeldezahlen in kommunalen und kirchlichen Erziehungsberatungsstellen zeigen sehr deutlich den hohen Bedarf der Familie an Unterstützung an. Hier liegt auch die Verantwortung von Gesellschaft, Staat, Kirche, diese Hilfen weiterhin ungekürzt und kostenfrei anzubieten.