Kinderlieder

Ein weiterer (siehe gestern) interessanter Aspekt an Italien ist, dass es dort keine Kinderlieder gibt (sagt Alma, die Italienischlehrerin).


Es wird in Italien zwar wirklich weit mehr gesungen als in Deutschland (Klischees stimmen eben manchmal). Keine Dusche, die unbesungen davon kommt, aus der nicht schallend "Azurro, Azurro" tönt. Aber es gibt keine besonderen Lieder für Kinder. Kein "Hänschen klein", kein "Alle meine Entchen...".


Das verwundert natürlich, wenn man weiss, wie sehr Italiener ihre Kinder zu lieben, ja, zu vergöttern, scheinen - falls sie welche haben (denn die Geburtenrate ist in den letzten 20 Jahren abgestürzt). Kinder sind überall dort zu sehen, wo auch die Erwachsenen ihr Leben gestalten. Auf der Piazza, im Restaurant, noch spät nachts auf der Straße.


Aus dieser Einbeziehung in das Erwachsenenleben kann m.E. eine Hypothese für den Mangel an Kinderliedern abgeleitet werden.


Bei uns werden Kinder als etwas Besonderes behandelt. Sie erscheinen als spezieller Typus Mensch, daher brauchen sie nicht nur kleinere Hosen und Hemden (= Kinderhemden und Kinderhosen), sondern auch kleinere Lieder (= Kinderlieder). Auch sie singen. Aber sie singen dasselbe, was die Eltern unter der Dusche singen ("Azurro, Azurro").