Katholischer Sumpf

Um es vorweg zu sagen: Ich habe eine katholische Erziehung genossen, d.h. unter anderem, dass ich seit Beginn meiner Schulzeit mit katholischen Priestern als Religionslehrern zu tun hatte. Keiner von denen hat sich irgendwie zweifelhaft im Sinne der jetzt durch die Presse gehenden Missbrauchsvorwürfe verhalten.


Von den ca. 6 - 7 Personen, mit denen ich da konfrontiert war, war einer ausgesprochen beeindruckend. Er missachtete den Lehrplan und machte mit uns de facto Philosophie-Unterricht. Er war sicher von all unseren Lehrern derjenige, der den größten Einfluss hatte (nicht nur, weil er auch noch Ski-Freizeiten begleitete und Ski-Lehrer war). Er hatte Distanz zur Kirche, war gelassen, lebensfroh, intellektuell, kritisch, ja, er lud durchaus zur Idealisierung ein (was sicher verführerisch und nicht unproblematisch gewesen wäre, wenn er "finstere" Absichten gehabt hätte).


Alle anderen dieser Priester/Religionslehrer, so würde ich heute, aus der Sicht des mit Diagnosen vertrauten Psychiaters sagen, hatten eine unübersehbare Macke.


Nun bin ich nicht der Psychiater der katholischen Kirche, und angesichts meiner eh sehr skeptischen Haltung Schulen gegenüber mag meine Einschätzung auch ungerecht sein; selbst wenn sie das nicht wäre, wäre es schlechte Statistik, meine persönlichen Erfahrungen hier hoch rechnen zu wollen. Aber, und jetzt komme ich zu dem, was ich eigentlich sagen will: Die Kirche hat ein Personalproblem. Sie fordert von ihren Priestern einen von der Norm abweichenden Lebensstil (z.B. Zölibat) und wundert sich dann, dass sie attraktiv für Menschen ist, die sich nicht den der Norm entsprechenden Erwartungen fügen.


Auch das finde ich eigentlich nicht so problematisch. Schließlich muss sich ja keiner mit Priestern einlassen. Lasst hundert Kirchen blühen...


Anders ist das allerdings bei Schulkindern. Hier hat der Staat die Aufsichtspflicht. Und er muss dafür sorgen, dass diesen Kindern kein Schaden zugefügt wird (was in der Schule oft genug ja sowieso schon passiert). Das ist keine innerkirchliche Angelegenheit mehr. Daher können solche Vorkommnisse auch nicht allein innerhalb der kirchlichen Jurisdiktion behandelt werden...


Wie ein mißbrauchter "Junge", der es erst nach 30 Jahren geschafft hat, über seine Erlebnisse zu sprechen, im Fernsehen sagte: "Das wäre so, als würde man die Mafia deren Verbrechen untersuchen lassen!"