Kapitän und Notfallplan

Alle regen sich über das Verhalten des Kapitäns auf dem am Wochenende havarierten italienischen Kreuzfahrtschiff auf. Zu recht, wie ich finde. Trotzdem ein guter Anlass, noch einmal organisationstheoretisch auf solch ein Schiff bzw. solch ein Unglück zu schauen.


Offensichtlich haben hier Personen Entscheidungen getroffen, die fatal waren (zu nah an die Insel gesteuert...). Das wäre zu verhindern gewesen, wenn es klare Programme (vorgeschriebenen Verfahrensweisen) gegeben hätte, wie der Kurs solch eines Schiffes festzulegen ist. Die mag es ja sogar gegeben haben, aber falls das der Fall gewesen sein sollte, so wurden sie offensichtlich nicht angewandt.


Wenn dem Kapitän nicht widersprochen wurde, so mag dies ein Hinweis darauf sein, dass die formale Struktur (Hierarchie) verhindert hat, dass es zu einer Konfliktkommunikation über den zu wählenden Kurs gekommen ist.


Wenn ein selbstherrlicher Kapitän aus welchen Motiven auch immer schwachsinnige Entscheidungen trifft, und die unwidersprochen ausgeführt werden, dann mag das auch Ausdruck einer bestimmten (personenorientierten) Kultur sein.


Der Norden Europas unterscheidet sich vom Süden u.a. auch dadurch, dass im Norden eher Prozeduren (Programmen) vertraut wird, die umzusetzen sind, um bestimmten Bedingungen und Zwecken gerecht zu werden, während im Süden eher auf die Beziehungen zu Personen gesetzt wird.


Dass das nicht reicht, hat sich gezeigt, als der Kapitän das sinkende Schiff verließ, und niemand dafür sorgte, dass irgendwelche - vielleicht sogar eingeübte - Notfallprozeduren eingeleitet wurden.


Wo immer eine Organisatione (z.B. ein Kreuzfahrschiff) nur auf eine dieser Entscheidungsprämissen setzt, dann ist sie in Gefahr zu havarieren...