Jagen und Gejagtwerden

"Wir werden sie jagen", hat der Vertreter einer politischen Minderheitspartei, deren Namen mir gerade nicht einfällt, gesagt. Grund genug, sich über die Reaktion auf Minderheiten und Minderheitsmeinungen ein paar Gedanken zu machen.


Mir scheint, dass da die Verhältnismäßigkeit nicht ganz stimmt. In Dresden gehen ein paar hundert oder auch tausend Leute montags auf die Strasse und erklären - wütend -, dass sie Angst vor Muslimen haben. 12,6 % der Bevölkerung wählen eine Partei, die nicht viel mehr als die Aufrechterhaltung dieser Angst als ihr identitätsstiftendes Thema gewählt hat, in den Bundestag. Und nun rennen alle in die Richtung, die von dieser Minderheit vorgegeben wird. Sie lassen sich wirklich jagen - und zwar ins Bockshorn.


Statt offensiv und mit guten Argumenten den Streit anzunehmen und in den öffentlich ausgetragenen Konflikt zu gehen, versuchen sie die Minderheit aus dem Feld zu schlagen, indem sie deren Problemdefinitionen und Lösungsvorschläge übernehmen...


Mir scheint das von den Problemdefinitionen und Lösungsideen her nicht sonderlich intelligent. Es scheint mir auch vom politischen Erfolg her nicht sonderlich erfolgversprechend, schließlich haben 87% der Wähler nicht diese Minderheitspartei gewählt.


Minderheiten können offensichtlich sehr große politische Wirkungen erzielen, wenn sie laut genug sind und darauf setzen, dass sie auf diese Weise den Fokus der Aufmerksamkeit bestimmen und damit den politischen Diskurs steuern können.


Auch wenn ich die inhaltlichen Positionen dieser Partei, deren Namen mir gerade entfallen ist, für wenig klug und weise halte, so ist diese Jagdstrategie offenbar ziemlich intelligent. Aber wie stets in Fragen der Intelligenz eines Verhaltens: über die Bewertung entscheidet die Reaktion der anderen Teilnehmer an der Kommunikation. Erst die Tatsache, dass sich jemand jagen lässt, macht den Jäger zum Jäger...