Israel vs. Hamas: unentschieden

Es ist m.E. weniger eine Frage der Moral (das sicher auch) als der Intelligenz (besser: der mangelnden Intelligenz), wenn Israel Gaza bombardiert.


Denn Israel hat keine Chance dabei zu gewinnen. Krieg gegen einen nichtstaatlichen Feind, der nicht vernichtet werden oder durch Besetzung seines Territoriums etc. zur Kapitulation gezwungen werden kann, zu führen, ist immer dumm, weil die Niederlage unvermeidlich ist.


Denn der Verlierer entscheidet immer, ob und wann ein Krieg beendet bzw. dass der andere der Sieger ist... - das ist die grundlegende Paradoxie des Krieges.


Wer zur Gewalt greift, beweist damit, dass er über keine Macht verfügt. Gewaltanwendung ist der hilflose Versuch, sie zu gewinnen. Das gilt für die Raketen schießende Hamas genauso wie für Israel. Es gibt allerdings einen gravierenden Unterschied. Hamas hat durch Gewaltanwendung einen Gewinn: die Infragestellung der israelischen Macht. Das ist eine Veränderung im Vergleich zur vollkommenen eigenen Machtlosigkeit, welches die Alternative wäre.


Bei Israel ist das anders. Wenn Israel der Hamas den totalen Krieg erklärt, so begibt es sich auf die gleiche Ebene mit der Hamas. Der Effekt eines jeden (!) Krieges ist die Symmetrie der kämpfenden Parteien. Solange der Krieg nicht entschieden ist, gibt es keine Über- oder Unterordnungsverhältnisse. Das ist der Grund, warum immer derjenige, der sich unterdrückt fühlt, etwas durch einen Krieg zu gewinnen hat (- die Symmetrie), während der Stärkere etwas zu verlieren hat.


Es ist also vollkommen schwachsinnig, mit einem Gegner (ob Hamas oder Sadam Hussein) nicht reden zu wollen, weil man ihm den gleichen Status verwehren will, und gleichzeitig gegen ihn Krieg zu führen...


In Gaza wird es Herrn Olmert nicht anders ergehen als im Libanon, wo er schmählich seine Bemühungen einstellen musste, die Hisbollah weg zu bomben. Und die Situation Israels wird nachher prekärer sein als vorher, weil er die Unterstützung der Weltöffentlichkeit (außer von Frau Merkel) verlieren wird. Denn jedermann stellt sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Mittel. Sicher ist es richtig, dass die Hamas durch ihre Raketenattacken provoziert hat. Aber jetzt Hunderte von Zivilisten als Opfer in Kauf zu nehmen, erscheint nicht nur unmoralisch, es ist einfach dumm. Niemand wird auf Dauer fragen, wer denn angefangen hat, wenn ein Mensch dem anderen auf die Füße tritt und der - zur Revanche - nicht nur den Fußtreter, sondern auch noch seine Familie und die Nachbarn erschlägt.


So verständlich die affektive Reaktion der Israelis ist, sich die ewigen Provokationen nicht länger gefallen lassen zu wollen, der Rückgriff auf Gewalt funktioniert nicht. Deswegen muss man sich auf zivilisiertere Mittel wie eben die viel geforderten politischen Lösungen einlassen. Verhandlungen.


Eine positive Seite hat das Ganze: Das Versagen von Gewaltlösungen hat menschheitsgeschichtlich wahrscheinlich erst ermöglicht, dass so etwas wie Zivilisation und ein friedliches, Konflikte durch rechtliche Regelungen lösendes Zusammenleben entstehen konnte. Das schützt offenbar aber nicht vor regressiven, archaischen Reaktionen...


Ach ja, fast hätte ich es vergessen: Frohes Neues Jahr!