Interdisziplinarität

In der FAZ-online steht heute ein Artikel über Interdisziplinarität. Ich bin da sehr skeptisch, was deren Gelingen angeht.


Es ist nicht nur ein Kommunikationsproblem (das auch), sondern ein Problem der in jedem Fachgebiet zugrunde gelegten Prämissen, Beobachtungsweisen, Logiken, Relevanzkriterien etc. Und, nicht zu vergessen, eine Frage der Kosten-Nutzen-Rechnung: Lohnt sich der ganze Aufwand, oder ist es nicht eh schlauer, sich gleich mit den Leuten auseinanderzusetzen, die wenigstens die gleichen Prämissen und die gemeinsame Fachsprache teilen?


Meine Erfahrungen sind deuten eher in Richtung Skepsis. Ich habe mit einigen von mir persönlich sehr geschätzten Kollegen vor ein paar Jahren mal ein gemeinsames Forschungsprojekt durchgeführt: ein hochkarätiger Neurologe, ein nicht minder hochkarätiger Verhaltenstherapeut, ein bekannter Psychoanalytiker, ein aufstrebender junger Neurologe, der obendrein auch noch Psychoanalytiker war, und ich (damals noch nicht alle, aber jetzt alles Professoren, teilweise Klinikchefs).


Wir haben ein ganz seltenes Krankheitsbild untersucht, von dem in Deutschland, wenn ich das recht in Erinnerung habe, nur 28 Fälle bekannt waren, und ca. 20 davon waren unser Sample. Als Ergebnis unserer Arbeit haben wir einen gemeinsamen Artikel in dem internationalen neurologischen Journal mit dem höchsten oder zweithöchsten Impact-Factor (ich weiss nicht mehr ob No. 1 oder 2, aber niedrieger war es sicher nicht) publiziert. Und ich muss ehrlich sagen: Ich habe - das ist natürlich jetzt mein Wertmaßstab - noch nie einen so banalen Artikel publiziert. Das war der Preis für einen konsensfähigen Text...


Der FAZ-Artikel:

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/forschung-und-lehre/interdisziplinaritaet-wir-schenken-euch-die-neuronen-gerne-11855650.html