Integrale Unternehmenskultur: Nichtwissen & Intuition im Business

Die Integration von Nichtwissen und Intuition im Geschäftsleben ist neben den von mir bereits benannten Punkten ein wichtiger Bestandteil, um von einer integralen Unternehmenskultur sprechen zu können. Verstand und Wissen sind wie Homo Faber. In der Industriegesellschaft hätten wir ihn noch für einen Helden halten können. In der Wissensgesellschaft wird deutlich, dass ein wichtiger Teil in der Rechnung fehlt: die jeweiligen Kehrseiten.


**Wissen** zeitigt, wie in meinem ersten Beitrag angedeutet, immer auch eine unhintergehbare Kehrseite, die wie die andere Seite einer Münze immer dazugehört und nicht wegzudenken ist. Ohne eine Prägung auf beiden Seiten ist sie kein gültiges Zahlungsmittel. Es gibt mehrere Faktoren, die zum Nichtwissen in Unternehmen beitragen. Hier nur einige beispielhaft und kurz skizziert:


1. Neue Technologien: Wir alle kennen die schwindelerregende Entwicklung neuer Technologien (Internet, Mobiltelefonie, PC etc.) und deren Auswirkung auf die Menge der Daten, die uns und natürlich auch allen Managern täglich entgegenfluten. Niemand hat die Zeit, die 2.320.000 Seiten zum Suchwort „Nichtwissen“, die durch Google innerhalb von 0,08 Sekunden (!) gefunden werden (Stand: 11.03.2006), auch nur annähernd zu durchforsten.

2. Zeitdruck: Die eben erwähnten neuen Technologien führen zu enormer Beschleunigung von Kommunikation; Produktionszyklen werden immer kürzer; last but noch least: Regionale Märkte unterliegen nicht mehr nur ihren eigenen Gesetzen, sondern denen des globalen Marktes. Unternehmen stehen unter Zeitdruck, sich in einem weltweit operierenden Markt zu behaupten. Die Konkurrenz schläft nicht, weil sie in anderen Zeitzonen produziert.

3. Virtuelle Teams, Remote-Management: Diese zwei Faktoren führen zu weiterem Nichtwissen über KollegInnen und Mitarbeiter und wie deren Tagesablauf aussieht. Man kennt sich häufig nicht mehr persönlich, sondern arbeitet in verschiedenen Gebäuden in verschiedenen Ländern auf verschiedenen Kontinenten.

4. Globalisierung: Hiesige Unternehmer wissen nicht, welche Konkurrenz sich einige tausend Kilometer entfernt zusammenbraut. Das bisherige Nichtwissen über die heimische Marktlage wird kontinental potenziert. War früher dieses Nichtwissen irrelevant, so gewinnt es heute an Bedeutung.

5. Komplexitätssteigerung: Transnationale Verflechtungen von Politik und Wirtschaft werden so komplex, dass niemand mehr den einzig gültigen Durchblick hat. Wissen ist sozial verteilt und die Protagonisten wollen häufig gar nicht miteinander kommunizieren (als mögliche Lösung der Problematik, die Herr Goller in seinem Kommentar zu meinem Beitrag Nichtwissen vorschlug).


**Verstand** wäre ohne Affekte und Intuition blind. Handlungsunfähig. Wir könnten keine Priorisierung vornehmen und entscheiden, was dringlicher erledigt werden muss. Soweit in Kürze der neurologische Forschungsstand. Gewissermaßen können wir uns aber entspannt zurücklehnen, denn Intuition lässt sich gar nicht vermeiden, auch nicht in ZDF – treuen Unternehmungen. Da Intuition im Zusammenhang mit Affekten ständig geschieht und somit auch zu Fehlentscheidungen führt, sollte Intuition professionalisiert werden. Es gilt Fehler durch Intuition zu minimieren und ihr Potential zu optimieren. Ein Unternehmen kann nur dann ein Ganzes ausmachen, wenn das Gegenstück zur Rationalität, zu methodischem Vorgehen bewusst in unternehmerische Prozesse und die Unternehmenskultur eingebunden wird.


Eine integrale Unternehmenskultur, die Nichtwissen und Intuition integriert hat, ist flexibel, innovativ und dynamikrobust. Sie ist in der Lage schnell auf Veränderungen in der ökonomischen, politischen und sozialen Umwelt zu reagieren. Sie ist eine Unternehmenskultur der Zukunft.


Ihnen einen schönen Samstag

Andreas Zeuch