In Erwartung

Lieber Herr Simon, liebe kehrende Gemeinde


Damit es nicht nur beim Small Talk bleibt (bzw. bei zustimmungsgrumelnden, scherzkecksartigen Stammtischgesprächen) will ich in den nächsten Tagen und Wochen (abschreibendes und dabei für mich nachdenkendes) Sprachrohr der Gruppe KRISIS (www.krisis.org) sein und 18 Thesen aus deren "Manifest gegen Arbeit" (entstanden in der Tradition von Paul Lafargue (Das Recht auf Faulheit)) der werten Kehrwochenstammtischrunde zur Diskussion übermitteln. Das könnte erlauben hier (vielleicht) auch mal andere Aspekte, als die des vorauseilenden Globalismus und dessen Selbstaffirmation im affirmativen Gespräch, zu denken.


Mich persönlich interessiert dabei, ob das System des Systems nur passiv, also durch das Sprechen darüber, nämlich was der Fall ist, beobachtet werden kann, oder ob alt-neue, jedenfalls ungewöhnliche Beobachtungen im System hier auch aktive, praktische, das heißt steuernde Auswirkungen haben können. Zeigen würde sich das daran, wenn die Gedanken dieses Manifestes hier unter systemischen Gesichtspunkten ernsthaft als machbar oder nicht-machbar oder halb-machbar diskutiert würden und der neue Gedanke unter den 3000 kritischen Hereinguckern verbreitet und weiter diskutiert würde, im Sinne des von Foersterschen Diktums, stets neue (Denk) Möglichkeiten zu schaffen.


Ich bin neugierig welche Ideen im Anschluss daran entstehen! Ich zum Beispiel bin der persönlichen Überzeugung, dass immer alles perfekt ist, so wie es jetzt ist. Zu dieser Einsicht kam ich, als ich das Ausmaß von Macht erkannte, das jedem Individuum zusteht. Scheinbar gar keine, aber in Wirklichkeit alle Macht. Zur Veränderung tragen wir automatisch in jedem Augenblick bei, indem wir uns in dieser oder jener Frage selbst ändern. Wer sich über Nokia oder die Bahn nur alteriert, gibt dem kritisierten System massiv Energie. Wer die selbstgemachten Zustände dafür nützt, um sich stammtischmäßig das Mütchen zu kühlen, ist ein Zyniker.


Wer frischfröhlich Ideen entwickelt und mit anderen zwecks Überprüfung austauscht, wie die (zunächst) eigene Lebensweise, individuelle Umgebung, gemeinsame Region (Stadt, Land, Kontinent, Welt liegen schon auf der Ebenen des Gebetes) lebenswert gestaltet werden könnte, „besser“ funktionieren könnte, der wendet seine Energie produktiv einem (gemeinsam) machbaren Modell zu. Es ist ja nicht so, dass man damit gleich fertig ist und einem gleich wieder fad ist. Manche Entwicklungen dauern sogar mehrere Generationen....


Der mittlerweile, so scheint es, allgemein akzeptierte Globalismus zeigt, wie Denken funktioniert, und zeigt, dass wir uns bewusst und gezielt ändern werden müssen, so oder so, gewaltsam oder freiwillig, früher oder später.


Warum nicht statt des vorauseilenden Gehorsams und der im stets nacheilenden Gewalt, wirklich fundierte, utopische= realistische und nachhaltige Ideen für eine Gestaltung des Systems Gesellschaft/Umwelt? Warum nicht nachhaltig die Umgebung von Gesellschaft gestalten, beziehungsweise sie zuerst in Gedanken erschaffen und darüber aufmerksam und vielfältig sprechen? Warum ständig nur, wie der paralysierte Hase die Schlange, beobachten, was auf der Ebene der Gesellschaft der Fall ist? Oder realistisch wie ein Ofenhaken, angeblich realistische Kommentare dazu abgeben, statt Ideen zu entwickeln, die in der Umwelt von Gesellschaft zur Realität werden können? Die Gestaltung unserer Lebensweise und unseres Lebensraumes ist das einzige, was wir gewaltfrei im Dialog tun können. Daraus ergibt sich tatsächlich Veränderung in der Umgebung von Gesellschaft, die dem (uns) Menschen bekömmlich ist, wenn er sie denn erwartet. Aufmerksamkeit, Fokussierung und Erwartung regen nicht nur die Gehirnvorgänge an, sondern gleichzeitig die Umwelt der Umwelt der Individuen, nämlich die Gesellschaft. Ich muss es nur erwarten können. Herzliche Grüße Sylvia Taraba