Identitäten

Eine der Erkenntnisse, die ich gestern als Abfallprodukt des Deutsch-Chinesischen Forschungsprojekts zur Einführung der Psychotherapie in China gewonnen habe, betrifft die unterschiedliche Haltbarkeit nationaler/kultureller Identitäten.


Trifft man in den USA oder Kanada - wo wir gerade sind - einen Menschen, dessen Eltern aus Deutschland ausgewandert sind, so kann er in der Regel kein Deutsch mehr und er fühlt sich auch nicht als Deutscher, sondern als Amerikaner oder Kanadier.


Bei den Chinesen ist das ganz anders. Trifft man einen Chinesen, dessen Eltern bereits in vierter Generation in den USA leben, so spricht er nicht nur Chinesisch, sondern er fühlt sich auch noch als Chinese. Und China ist immer noch die Heimat für ihn, auch wenn seit den Auswanderern keiner seiner Verwandten jemals da war, d.h. weder Eltern, Großeltern oder Ur-Großeltern usw.


Mit solch einem starken Identitäts- (= Zugehörigkeits-) Gefühl und der dadurch vermittelten Sicherheit, ist es den Chinesen in allen Gegenden der Welt möglich, sich an die jeweils herrschenden Umstände flexibel anzupassen. Und ihr soziales Netzwerk, das darauf gründet, hilft ihnen dabei.


(Auch meine Tagungsteilnehmer hier werden zum großen Teil anschießend irgendwelche Verwandte besuchen, die sie in vielen Fällen bislang noch gar nicht persönlich kennen.)