Identität

Einer der von mir am meisten geschätzten Psychoanalytiker ist Georges Devereux (ich habe hier schon über ihn geschrieben, wenn ich mich recht erinnere, aber Wiederholung schadet ja nicht unbedingt...). Was ihn auszeichnet, ist, dass er Ethnopsychoanalytiker ist, d.h. sich mit ethnologischen Fragen beschäftigt bzw. der Kopplung von kulturellen und psychischen Mustern.


Was er überzeugend darstellt, ist, dass die persönliche Identität des Individuums von seinen Zugehörigkeiten zu charakteristischen sozialen Systemen (Einheiten) bestimmt ist. Die Identität dieser sozialen Einheiten ist durch ihre Kultur bestimmt, die ihrerseits deswegen über die Zeiten erhalten bleibt und sich nur langsam ändert, weil die Individuen, die an ihr teilhaben, ihre persönliche Identität an die jeweiligen kulturellen Muster koppeln.


Auf eine Kurzformel gebracht: Kulturelle Muster binden Individuen und soziale Systeme aneinander und bestätigen gegenseitig ihre Identität.


Deswegen werden Bedrohungen der kulturellen Muster als persönliche Bedrohung erlebt und mit - dem Außenstehenden als unangemessen erscheinenden - starken Affekten beantwortet.


Deswegen scheitern Unternehmensfusionen, und deswegen regen sich jetzt so viele Leute auf, weil so viele Syrer kommen. Und daher ist es wahrscheinlich auch zu kurz gedacht, die Integration all dieser Menschen nur als Managementproblem zu sehen, denn die Entstehung von Parallelgesellschaften ist eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich. Das scheint mir, abgesehen von den kurzfristig zu beschaffenden Schlafplätzen, die zentrale Frage: Wie kann man der Entstehung von Parallelgesellschaften entgegen wirken?