Hölderlin und anderes. Sechs Texte

####an hölderlin####


„wo gefahr ist

wächst das rettende auch“


gewiß

mein freund


aber wo das rettende wächst

vervielfacht die gefahr sich


*


####das uralte sprachspiel####


von hier ein wörtlein genommen

von dort ein wörtlein genommen

noch eins dazu vielleicht

flink zusammengebastelt


und schon haben wir eine bedeutung

eine geschichte

ein mysterium

einen sinn

einen krieg


*


####verstehen####


was ich noch nicht verstehe:

die welt


*


####Beischlaf und Philosophie####

(Für N.)


Es ist ja nun oft so, daß wir, wenn wir zu Beischlafhandlungen übergehen (lassen Sie es mich so sagen), aufhören zu philosophieren – wenn wir es denn vorher getan haben, was ich doch hoffen dürfen möchte.


Ich habe dies immer als Fehler empfunden.


Gerade Beischlafhandlungen sind ausgesprochen philosophische Kontexte.


Sicherlich, nicht immer müßte dabei philosophisch *gesprochen* werden (obwohl dies empfehlenswert wäre und obendrein in gewisser Hinsicht die Lust noch himmelhöher triebe), ja nicht einmal muß die Philosophie mit*gedacht*, aber sie sollte in jedem Fall mit*gefühlt* werden. Sie sollte anwesend und eben nicht vom Beischlafort verbannt sein.


Denn Philosophie, behaupte ich, ist *fühlbar*. Spürbar. Ertastbar. Atembar. Streichelbar. Küssbar!


*


####Ach, mit kaltem Hintern####


Ach, mit kaltem Hintern

müssen wir überwintern.


Es winken die Ideale

und blinken die Utopien


vom nahen Bücherregale

und fernen Galaxien.


*


####am neckar####


am neckar sitzen

wo kühne gedanken aufblitzen


ein wenig träumen

und die welt aufräumen


an die liebste denken

ihr die aufgeräumte welt schenken


die liebste küssen

sie nie mehr missen müssen


der neckar fließt in den rhein

so könnte es sein