Hier, im sozialen Raum...

...den wir Internet nennen, überkommen uns anfänglich oft befremdliche Gefühle. Die resultieren nicht nur aus dem einfachen Umstand, dass wir uns in ein Territorium begeben, mit dessen Sprache und räumlicher Ausgestaltung wir zunächst nur ungenügend vertraut sind. Uns irritiert auch die Körperlosigkeit. Unsere Sinne helfen uns nicht, das Geschehen in diesem Raum auf Anhieb einzuschätzen. In Ermangelung körperlicher Signale reichen unsere Erfahrungen nicht aus, auf kommunikative Konstellationen im Internet zu schließen.


Gleichwohl ist die Metapher, ein Medium als sozialen Raum zu begreifen, keineswegs neu. Auch die alten Medien wie Radio und Fernsehen erlauben uns, "drin zu sein". Werden unsere Stimmen von Radiomikrofonen aufgezeichnet und gesendet, sind wir im Radio. Bewegen wir uns vor Kameras und werden gesendet, sind wir im Fernsehen.


Das neue Medium wartet demgegenüber mit einer radikal neuen Chance auf, am inhaltlichen Diskurs teilzunehmen. Fernsehen und Radio werden von großen und kleinen Medienorganisationen produziert. Einige wenige versuchen, möglichst viele Nutzer des medialen Angebotes anzusprechen. Im Internet eröffnet sich für alle die Chance, als [Medienproduzent](https://www.carl-auer.de/blog/zimmermann/bloggen-fur-auer/) aufzutreten. Mit geringerem Aufwand als je zuvor können wir als Individuen mehr Mitmenschen als je zuvor erreichen, ansprechen, uns mit ihnen austauschen. Wir eröffnen ein [Weblog](http://blog.zettmann.de/) und machen unsere Identität, unsere Ideen, Illusionen und Interessen einer unüberschaubar großen Öffentlichkeit bekannt.


Von der umfangreichen [Fotosammlung](http://www.flickr.com) zur Familiengeschichte bis zu den ansonsten in den Schubladen vergilbenden [Gedichtzeilen](http://www.zettmann.de/?Gedichte) reichen unsere Möglichkeiten. Wir können [Geschäftskontakte](http://www.xing.com) knüpfen oder die Sammlungen unserer [Lieblingswebseiten](http://del.icio.us), aber auch unserer [wissenschaftlichen Literatur](http://www.connotea.org) austauschen. Darüber hinaus unterhalten wir uns in Diskussionsforen mit Gleichgesinnten rund um den Globus. Ob Verschwörungs-, Krankheits- oder Erkenntnistheorie – wenn irgendein Forum noch nicht existiert, morgen wird es jemand eröffnen.


Genau deswegen heben sich die Finger der Kritiker: Die Technik fördere den weiteren Zerfall der sozialen Gemeinschaft, weil sie den Einzelinteressen Vorschub leiste. Die Technik sei unsozial, weil sie die Hemmschwelle senke, rüde Umgangsformen hoffähig mache, die Menschen weiter voneinander isoliere und zudem die Kluft zwischen den Wissensmächtigen und den Wissensunkundigen vergrößere. Außerdem produziere die globale Schwatzbude nichts, was sich als gehaltvoll erwiese.


Doch so sehr die Technik die Erfahrungen bestimmt und zum gedankenlosen Plappern einlädt, so flexibel ist sie, von den Beteiligten selbst weiterentwickelt zu werden. Am Ende sind wir es, die unsere Ideen und Vorstellungen in den sozialen Raum hineintragen. Wir gestalten die psychologische Seite des Internet, sowohl das Mit- als auch das Gegeneinander. Deswegen gibt es [Orte, an denen alles endet](http://www.das-ende-des-internets.de) und [Orte, an denen wir allein sein können](http://www.alleinr.de). Die Technik greift uns nur unterstützend unter die Arme. Manchmal erlaubt uns die Technik neue, ungewöhnliche Lösungen, um zu kommunizieren oder uns zu informieren. Was sie uns vor allem und in nie da gewesener Weise vorgibt, ist die individuelle Verantwortung, wie wir mit der Technik umgehen – ob als Viel- oder als Gelegenheitsnutzer.


Noch Fragen? Dann gerne an fragen (at) zettmann.de.

Und weiterhin viel Spass hier drin im Internet.