Handwerker

Ich hatte Handwerker im Haus. Einen Schlosser und einen Elektriker. Beides waren Handwerkermeister der alten Schule. Das zeigte sich darin, dass sie mich ohne langes Zögern - und unaufgefordert - als Lehrling akzeptierten. Ich habe zwar nicht explizit darum gebeten, aber offenbar hat mein Gehabe deutlich signalisiert, dass ich bereit und willens war, diese Rolle anzunehmen.


Der Schlosser erklärte mir unter Aufbietung großer Geduld und unter Nutzung seines pädagogischen Sendungsbewußtseins in aller Ruhe die Funktionsweise von Türschlössern. Er ging dabei sogar so weit, mir einige Rafinessen, die ihn bittere Erfahrung lehrte, mitzuteilen. So empfiehlt es sich, zum Beispiel, bei Toilettentüren, die Klinken mit von innen mit dem Dorn - ich weiss nicht mehr, ob man so das vierkantige Eisen, das durch das Schloss geführt wird und beide Klinken mit dem Schloss und miteinander verbindet, nennt - in das Schloss zu schieben, so dass, wenn eine Klinke sich löst, derjenige, der sich in der Toilette auf hält, die Klinke weiter benutzen, um sich ins Freie zu retten. Wenn die Klinke von außen ins Schloss gesteckt wird und die Sicherungsschraube verloren geht, dann kann es passieren, dass man innen unversehens mit der Klinke in der Hand steht und gefangen an diesem intimen Ort ist. Ich will auf weitere spannende Einzelheiten nicht eingehen.


Der Elektriker, der am selben Tag - mit ebenso großer Begeisterung - als mein Lehrmeister fungierte, klärte mich zum Beispiel darüber auf, warum man an in bestimmten verwendeten Drähten erkennen kann, ob ein Elektriker seine Ausbildung in der DDR genossen hat. Diese Drähte sind besonders dünn, weil sie nur so in die dünnen Rohre der vorgefertigten Platten der Plattenbauten passten. Alles habe ich mir nicht gemerkt, aber eine der Wirkungen war, dass irgendwie deswegen auch die Spannung runter geregelt werden wußte. Wenn man jetzt Trafos im Westen findet, die den Strom entsprechend runter regeln, so ist das eigentlich überflüssig, denn man hätte auch dickere Drähte nehmen können. Also: DDR-Elektriker waren am Werk.


Ich bin ihm auch noch zur Hand gegangen, denn allein hätte er die dämliche Lichtleiste, die nicht funktionierte, nicht reparieren können. Ungelernte Hilfskraft. Vielleicht war es ja dieses Interaktionsmuster, durch das er sich - ähnlich dem Schlosser - eingeladen fühlte, die Rolle des Lehrmeisters zu übernehmen.


Ich habe jedenfalls gehörigen Respekt vor Handwerkern mit einem ausgeprägten Bewusstsein ihrer Berufsehre entwickelt.