Haltung: Ja, wie denn?

Merke gerade, dass ich in der zurückliegenden Woche viel geschrieben habe, aber nicht viel von dem was ich dachte zu schreiben: Nämlich über Systemisches in der Schule. Jetzt sitze ich hier nachts um halb 12 und versuche, etwas davon nachzuholen.


Was heißt das eigentlich für mich, in der Pädagogik systemisch unterwegs zu sein? Die Konstruktivisten haben über Schule ja schon ziemlich viel geschrieben. Leider sind ihre Ausführungen stellenweise so theoretisch, dass ich schon von vielen Lehrern in Fortbildungen gehört haben, dies hätte sie eher (bis völlig) abgechtreckt. Schade. Ich glaube, Lehrer bilden sich aus drei verschiedenen Gründen fort:

1. Interesse, vielleich verbunden mit der Idee, eine berufliche Veränderung einzuleiten (ca 10-20%)

2. Anordnung von oben (10-20%)

3. Auf der Suche nach neuen Lösungen für bestehende Probleme (rest)


Alle aus (3.) brauchen alles andere als Theorie-Input, oder die Freude des konstruktivistischen Leiters, wenn der Teilnehmer verwirrt ist.

Ich habe erlebt, wie ein Lehrer in einer "systemische Pädagogik Seminar" festgestellt hat, dass alles, von dem er bisher dachte, es halte ihn (Beruf, Familie etc.) doch nicht hält. Entsezt fragte er, was ihn denn dann halte, und bekam lachend zur Antwort: Nichts, das ist ja gerade das Tolle!


Ich meine, wenn man als Leiter dem Anpruch nach Erkenntnis von Relativität so richtig entsprochen hat, ist das nut eine Seite: Die Verpflichtung zum Inhalt.

In meiner Auffassung von Teilnehmerfürsorge ist es jedoch kaum möglich, jemanden so haltlos gehen zu lassen. Ich habe in solchen Fällen dann eine Aufstellung gemacht und der betreffende Teilnehmer hat dann in seinem Leben nach Halt gebenden Momenten gesucht. Naürlich habe dann eine neue Konstruktion erschaffen aber kann es das Ziel sein, den Menschen ihre Realität als Konstruktion zu offenbaren mit dem Effekt, dass sie ohne Konstruktion leben (sollen). Oder muss ich nicht vielmehr Achtung davor haben, wie wichtig dem Einzelnen seine Konstruktionen sind?


Hier kommt mir der phänomenologische Ansatz zugute. Denn unabhängig von der Relativität sozialer Konstruktionen und der vielleicht von außen auch erkennbaren Selbstschädigung im Falle meiner auffälligen Schüler, sehe ich auch, wie sehr sie eingebunden sind, wie sehr ihr Verhalten einen Dienst an ihrem System darstellt und ich gehe davon aus, dass es auch die Lösung eines Systems für ein anderes Problem ist. Und so denke ich bei allen pädagogischen Bemühungen auch stets daran, dass das eigehtliche Problem (das womöglich und gottseidank keiner mehr sieht) auch versorgt werden muss.


Und so bedeutet systemisches Vorgehen in der Pädagogik in erster Linie eine Haltungsänderung, dahingehend, dass ich mich dem, was ich sehe, was die Schüler mitbringen, erst einmal aussetze. UInd dass ich in meiner Haltung stets zwischen dem Verhalten und dem Wesen unterscheide. Ich nehme an, ich setze voraus, dass da drinnen (hinter all dem Tam-tam) irgendwo ein liebender Kern ist. Und dann gehe ich davon aus, dass ein solöcher Kern auch in mir existiert. Und nun versuche ich, von meinem liebenden Kern zum liebenden Kern des anderen Kontakt aufzunehmen ... weil dann können wir uns über das Verhalten unterhalten.


Wissensaneignung und wie neues Wissen selektiert wird und neue Konstruktionen hervorbringt, ist in meiner Arbeit eher zweitrangig. Hier geht es um soziales Lernen.


So weit so gut. Jetzt will ich doch mal sehen, ob außer Herrn Kaspers Begrüßungscomment am ersten Tag noch jemand da draußen Lust hat, mit mir in Kontakt zu treten. Ansonsten war die Woche doch ein sehr einseitiges Unterfangen. Systemiker leben aber (ich zumindest (außer wenn ich gerade Bücher schreibe oder meine Homepage gestalte)) doch mehr von der Kommunikation.