Habermann

Ich war im falschen Film. Nein, es war schon der richtige, irgendwie. Aber eigentlich wollte ich einen ganz anderen sehen. Er lief schon seit einer halben Stunde, so musste ich nehmen, was noch übrig war: "Habermann".


Noch nie hatte ich von diesem Film oder dem zugrunde liegenden Roman gehört. Und er war so ziemlich genau das Gegenteil dessen, was ich eigentlich sehen wollte. Die Story: Ein deutscher Mühlenbesitzer (Familienunternehmen seit mehr als hundert Jahren) im Sudentenland, heiratet eine tschechische Frau. Es ist das Jahr 1937. Ein Jahr später kommt es aufgrund der Münchner Verträge zur Eingliederung der Sudeten/der dort lebenden Menschen ins Deutsche Reich. Aus der tschechischen Mehrheit wurde eine Minderheit. Aus mehr oder weniger friedlichem Zusammenleben wurde Feindschaft.


Mit der Entfaltung der Geschichte entfalten sich auch die Persönlichkeitsstrukturen der Protagonisten. Auf beiden Seiten gibt es "Gute" und "Böse", Opportunisten und Karrieristen, machtbesessene Idioten und ohnmächtige Idioten usw. Ein Bild der Zeit bis 1945, von deutschem und tschechischem Nationalismus und vielen Menschen, die eigentlich nur in Frieden leben wollen, aber nicht dürfen.


Es ist sicher kein Zufall, dass solch ein Film, der die Aufmerksamkeit auf eine nur wenig bewältigte und aufgearbeitete Vergangenheit lenkt, heute, in Zeiten Erika Steinbachs und der Diskussion über ein Mahnmal oder Zentrum des Gedenkens der Vertreibung(en), gedreht wird und in die Kinos kommt. Er macht es jedenfalls nicht leicht, in Schwarz-weiß-Schemata zu denken (wenn man mal von dem ganz ambivalenzfrei negativ gezeichneten SS-Sturmbannführer, der diktatorisch die Herrschaft über den Ort des Geschehens übernimmt, und der satten katholischen Kirche, die ihm die Flucht organisiert, absieht). Die Guten bleiben auf der Strecke, so die wenig aufbauende Botschaft des Films.


Ein guter Film, der ein ökonomischer Flop werden dürfte. Wer sieht sich so etwas an, wenn er auch einen weniger tiefgründigen Actionfilm sehen kann - wie ich es ja auch beabsichtigte? Mit mir waren noch drei Personen im Kino, von denen eine mit mir gekommen war... Vielleicht sollte man immer die falschen Anfangszeiten ausschildern.