Guter Vorsatz: Tippen lernen

Liebe Leserin, lieber Leser,


heute will ich Ihnen mein kleines Geheimnis verraten, was ich mir für das neue Jahr vorgenommen habe. Ich gestehe Ihnen sogar, warum ich es Ihnen unbedingt verraten muss.


Schon lange habe ich mich immer wieder darüber (ein klein wenig) geärgert, dass ich zwar mit fast allen Fingern tippe, aber wie ich es schaffe, dies sogar ohne weiteres ziemlich fehlerfrei zu tun, wusste ich lange nicht. Heute weiß ich, dass dies mein prozedurales Gedächtnis geschafft hat. Immer wieder aber, wenn ich etwas müde bin oder in kurzer Zeit, also unter Zeitdruck, sehr viel zu schreiben habe, häufen sich die Fehler. Ich denke, das wird vielen Erwachsenen, die nie das Zehn-Finger-Blind-Schreib-Verfahren richtig gelernt haben, nicht viel anders ergehen.


Nun habe ich vor einigen Wochen ein vorzügliches Selbstlernmedium erworben, das ich nur wärmstens weiterempfehlen kann. Es ist der Tipptrainer von Duden. Eine CD enthält alles, was man dazu braucht. Sogar das Abschlusszertifikat, wenn es denn so weit kommt.


Ich gestehe: Schon zweimal habe ich angefangen. Jedes Mal kam etwas dazwischen. Zuerst eine Woche Handwerker am Haus. Danach lief es nicht mehr richtig. Kurz nach dem nächsten Neuanfang aber gab der Bildschirm meines Laptops seinen Geist auf und blieb schwarz. Neues Notebook, neues Jahr: Jetzt kann es nochmals los gehen.


„So ein Angeber!“, werden Sie vielleicht sagen. Irrtum! Halte ich dagegen. Genau das ist der Trick. Wenn ich mir etwas vornehme, erzähle ich es möglichst vielen Leuten. Das ist die beste Lernmotivation. Genau wie damals, als ich aufgehört habe zu rauchen, wovon ich gestern erzählt habe. Das ganze Kollegium nahm ich zu Zeugen, damals rund 40 Kolleginnen und Kollegen. Wieder anzufangen wäre eine schreckliche Blamage gewesen. So aber erreichte ich, dass mich immer wieder die eine oder der andere fragten: „Sie rauchen wirklich nicht mehr?“ „Wie hast du das nur geschafft? Wäre ich doch auch schon so weit.“ Sie glauben nicht, wie gut das für Ihr Belohnungssystem im Gehirn ist. Es schüttet Ihnen so reichlich Dopamin aus, dass Sie damit federleicht jeder möglichen Anfechtung widerstehen können. Das habe ich damals erlebt, als man noch nichts von Neuromodulatoren wusste, und seither bei unzähligen anderen Gelegenheiten. Heute, da ich etwas über die geheimnisvollen Boten zwischen den Neuronen weiß, kann ich darüber aus Überzeugung reden. Sie beflügeln offenbar sogar die Konstruktion des Zehn-Finger-Systems im Gehirn.


Mein Trick mit der Bekanntmachung funktioniert zwar nicht wie im Kommentar von Herrn Simon zu meinem gestrigen Blog über Geld. Dennoch haben beide Arrangements etwas gemeinsames: Sie binden den Nichtraucheranwärter ein in seine Umgebung. Der Weg von Herrn Simon und seinen Kollegen ist allerdings noch viel effektiver, weil er einen Schneeballeffekt hervorbringt mit gemeinsamen Spielregeln für viele. Ich blieb damals zunächst der einzige Neunichtraucher, bei Herrn Simon war es gleich das ganze Institut, welches in das Nichtraucherwettspiel involviert wurde.


Nun verspreche ich allen, die an Zeitfenster und sonstige Lernhindernisse glauben mögen, dass ich es – vielleicht in etwas längerer Übung als ein Zwanzigjähriger, da ich ja mein gut geöltes Individualsystem gleichzeitig „vergessen lernen“ muss – in diesem Jahr schaffen will, bis zum Abschlusszertifikat das Zehn-Finger-System zu lernen. Und Sie alle sind meine Zeugen! Glauben Sie, ich will mich vor Ihnen allen blamieren? Das werde ich bestimmt nicht. Also fange ich an und zwar heute, am 3. Januar 2006.


Hätten Sie Lust mitzumachen? Tun Sie es, wann auch immer Sie auf diesen Blog stoßen. Vielleicht sind Sie es - in welchem Beruf auch immer – ebenso Leid, mit zwei ausgestreckten Zeigefingern oder so ähnlich, jedenfalls auf gut Glück über die Tasten zu rasen und beginnen ebenfalls mit dem Tipptrainer. Sie erhalten ihn preiswert im Buchhandel. Bei der Stange zu bleiben fällt bestimmt allen Beteiligten viel leichter, wenn sie hier mitmachen. Schreiben Sie in diesem Fall einen kleinen Kommentar und senden Sie mir gleichzeitig eine Mail (siehe Kurzbiographie). Geben Sie Ihre Mail-Adresse bitte nicht hier an. Sie sollen keine Spam-Flut auslösen, was ja heute all zu leicht passiert. Und nun bin ich gespannt wie ein Flitzbogen, ob sich was und was sich ereignet.


Herzlichst

Horst Kasper