Glücklich

Jetzt mal wirklich etwas ganz Persönliches. Ich traue es mich ja kaum zu sagen, aber schon seit einigen Jahren habe ich ein fast konstantes Glücksgefühl. Von wegen, dass Glück eine momentane Angelegenheit ist. In dieser Hinsicht halte ich die Arbeiten von Mihaly Csikszentmihalyi (Flow. Das Geheimnis des Glücks. 5. Aufl. Stuttgart: Klett-Cotta, 1996) für bahnbrechend.


Ich finde, dass es ein Privileg ist, mit Menschen systemisch (lösungs- und ressourcenorientiert etc.) zu arbeiten. Und mittlerweile finde ich es berechtigt, dass man als Psychotherapeut/in oder Sozialarbeiter/in, umso mehr verdienen sollte, je mehr einem die Arbeit Spaß macht. Eigentlich besteht unsere Aufgabe ja darin, dafür zu sorgen, dass es uns gut geht; denn nur so besteht die größte Wahrscheinlichkeit, unsere Kund/inn/en positiv im Sinne eigener Lösungsfindungen anzuregen.


Doch nicht nur dass einem die Arbeit Freude bereitet (was ist in diesem Sinne eigentlich verkehrt an einer Spaßgesellschaft???), man lernt auch noch ständig dabei. Und zwar größtenteils von meinen Kund/innen in der Psychotherapie, Supervision oder meinen Fortbildungen. (Zuvor habe ich am meisten gelernt von Gunther Schmidt und Arnold Retzer. Noch einmal ein dickes Dankeschön!!)


Vor kurzem hatte ich ein Gespräch mit einer Sozialarbeiterin, die schon daran dachte, ihren Beruf aufzugeben und sehr belastet wirkte. Sie habe massiv in einer Familie intervenieren müssen, indem sie die Kinder, die extrem verwahrlost waren und misshandelt wurden, aus der Familie hatte nehmen müssen, worauf sie mehrmals vom Großvater mit Morddrohungen attackiert wurde und sogar geohrfeigt wurde. Sie hat zwar Anzeige erstattet, fühlte sich aber dennoch verpflichtet, zum Großvater zu gehen und ihm noch mal zu erklären, warum sie gezwungen war, so zu handeln, damit er es lässt, sie zu bedrohen und damit sie sich sicherer fühlen konnte. Auf die Frage, wie der Großvater darauf wohl reagieren würde, sagte sie, dass er ihr sehr wahrscheinlich gar nicht zuhören und sie weiter beschimpfen, wenn nicht gar tätlich angreifen würde. „Macht das dann Sinn?“, fragte ich. „Nein“, antwortete sie mir. Gefühlsmäßig hatte sie eher das Bedürfnis, auf Abstand zu gehen und nichts mehr mit der Familie zu tun zu haben, sondern den „Fall“ an eine andere Sozialarbeiterin abzugeben.


Ich erzählte ihr daraufhin den Witz vom Sozialarbeiter und dem Pitbull Terrier, den ich Arnold Retzer zu verdanken habe: „Was ist der Unterschied zwischen einem Sozialarbeiter und einem Pitbull Terrier? Der Pitbull Terrier lässt irgendwann einmal los.“ Darauf musste sie herzhaft lachen. Und so konnte sie sich entschließen, ihren Gefühlen, die meines Erachtens vollkommen angemessen waren, zu vertrauen und den Fall abzugeben.


Danach fiel mir spontan folgende Erkenntnis ein:

„Wer gegen eine/n anderen eine Morddrohung ausstößt, sagt damit unmittelbar, dass er es nicht wert ist, mit dem/der anderen noch weiter in Beziehung zu sein und zwar lebenslang“


Oder anders formuliert:

Um sich bei Morddrohungen mit großer Wahrscheinlichkeit zu schützen und den Drohenden davor zu bewahren, seine Drohung zu realisieren, sollte sofort und unmittelbar der Kontakt abgebrochen werden.