REVUE Nr 13, Transformation. Feedback zu Gilgamesh und Christeene 8

REVUE, Magazine for the next society. Transformation. Nr 13. Sommer 2013


REVUE Editorial:


„… Die REVUE ist ein Resonanzraum für all diese Stimmen, in dem immer wieder die Frage nachhallt: ist eine Next Society eher als Wiedereinführung verlorener Möglichkeiten zu verstehen – und weniger als deren Ablösung? Wir wären auch auf Ihre Antworten gespannt…“


Feedback


Ich beziehe mich hier auf diese „Wiedereinführung“ – zeichne einen in REVUE gespannten Bogen nach, um diesen – ihn inhaltlich ergänzend – mit einem Plädoyer zu beschließen, und damit sich verlierende, beinahe schon verlorene Möglichkeiten in Erinnerung zu rufen.


Der skizzierte Bogen


GILGAMESH, übersetzt von William Muss Arnolt 1901.


CHRISTEENE, skype-geviewt von Ludwig Plath (*Zitate)


VI. Die aufgehobene Postmoderne und das unabgeschlossene Projekt der Moderne 1


Der in REVUE Nr 13 vermittelte Über-Blick über „Transformationen“ in möglicher Zukunft, betont gerade durch seine Beiläufigkeit, ganz bestimmte MARKEN: den archaischen gender-queeren Macho Gilgamesh®, und den modernen, queer gegenderten, hysterischen tween namens Christeene®. Ersterer ein (auf einer aufgefundenen Königsliste genealogisch nachweisbares) Kunstwesen einer Poesie, welche die symbolische Ordnung des Patriarchats besingt. Der andere ein Kunstwesen des modernen All Democratic Catwalk Of Fun, der sich eine 20 Jahre alte, angeblich brandneue Poesie, das postmoderne Anything goes zu Herzen nimmt, und seine Idee davon zur Aufführung bringt.


Herabgestiegen von den Mauern Uruks und von den Laufstegen der Couturiers - hinab in die Niederungen von you tube, erscheint sie - die Poesie – hier in Gestalt von Christeene®. Schlicht um der Artikulation individueller und sozialer Haltlosigkeit willen. Doch ihr Erscheinen ist ein FAKE. Es offenbart und verschleiert zugleich in dem propagandistischen Flirt mit der queerness, die monistische Ordnung und die selbstbezügliche Beziehung des Subjekts mit sich.


Der in REVUE Nr 13 als „Transformation“ skizzierte Bogen von Gilgamesh zu Christeene® lässt ein maßgebliches Projekt von Bewusstsein vermissen, das diesem gerecht würde.


REVUE affirmiert diese Selbstbezüglichkeit, im Nachzeichnen des großen Bogens des Abstieges des Helden, vom mächtigen Macher zur „kraftlosen Schönheit.“ Hier wird der postmodern behauptete „Tod des Subjekts“ (Foucault) sozusagen poetisch zelebriert und bildlich festgehalten und, als weiblich erscheinendes Etwas, gezeigt. Wie funktioniert das?

Als Doublette: Ego und Alter - der maskuline Mann und sein „weibliches“ Alter Ego - helfen zusammen und tun so, als wäre das männliche Subjekt tot. Mit dieser Schwindeletikette unterscheidet man sich in sich (in der ganzen möglichen existentiellen Bandbreite - vom „Macho“ bis zur „Memme“).

Es handelt sich hier um die Markierung der extremen Pole der Möglichkeiten des Männlichen. Die Selbstdarstellung hilft weiterhin „autonom“ zu bleiben, ohne die ihn biologisch, kulturell und logisch legitimierende Unterscheidung anzugeben.


Hegel schreibt in der Vorrede der Phänomenologie des Geistes (S.36):

„Die Tätigkeit des Scheidens ist die Kraft und Arbeit des Verstandes, der verwundersamsten und größten oder vielmehr der absoluten Macht. (...) Der Tod, wenn wir jene Unwirklichkeit so nennen wollen, ist das Furchtbarste, und das Tote festzuhalten das, was die größte Kraft erfordert. Die kraftlose Schönheit haßt den Verstand, weil er ihr dies zumutet, was sie nicht vermag. Aber nicht das Leben, das sich vor dem Tod scheut und von der Verwüstung rein bewahrt, sondern, das ihn erträgt und in ihm sich erhält, ist das Leben des Geistes. Er gewinnt seine Wahrheit nur, indem er in der absoluten Zerrissenheit sich selbst findet.“


Mit welcher prokreativen Option könnte man das tot gesagte, tote, aber weiterhin herum geisternde „autonome Subjekt“ kreativ in Frage stellen, statt es mit allen Mitteln und um jeden Preis festzuhalten?


Wie ihm seine existentielle "Zerrissenheit" als sexuell unterschiedene ZWEIHEIT darstellen, in der es sich als „Mann“ erhalten, seine "Verwüstungen" als Erfahrungen der Liebe goutieren und die unstillbare SEHNSUCHT nach der Einheit der Differenz, als deren Erfüllung ausgerechnet in der Differenz der Differenz wahrnehmen darf?


Der Tod des abendländischen „Subjekts“ - als Höchstwertposition des Individualismus - ist mathematisch-logisch sozusagen bekannt, aber „epistemologisch“ leider noch nicht erkannt. Spätestens nämlich seit dem Erscheinen der Gesetze der FORM im Jahr 1069. Ein selbstreferentieller Kalkül, der mit einem einzigen Operator operiert, der jedoch zugleich auch Operand ist, die Unterscheidungen trifft, deren markierter Beobachter er ist, dabei zwei Axiomen folgt, - dem Gesetz des Kreuzens und dem Gesetz des Nennens -, sowie von „Kanon Null. Koproduktion“ und deren „Perfekter Be-Inhaltung“ ausgeht, um am Schluss wieder auf den einen Operator, der zugleich Operand ist, durch Auskürzen zurückzukommen. Zwei Jahre später folgt die unkommentierte literarische Ergänzung der Gesetze der Form mit dem Titel Dieses Spiel Geht Nur zu Zweit. Darin wird der Mathematik die Poesie nachgereicht und den Gesetzen der Form die Gesetze der Liebe als Miniatur hinzugefügt.


In der Folge beschäftigt mich nun, wie Niklas Luhmann dieses ehemalige „Subjekt“ auf den letzten 88 Seiten von Gesellschaft der Gesellschaft - S. 1061 – S. 1149 - mit konstruktivistischem Wissenschaftsverständnis und seiner Kenntnis der Gesetze der Form auseinander legt, es in seine angestammte logische FORM zurückführt, ihm die Möglichkeit der Beobachtung 3. Ordnung konzediert, und damit die reflexionslogische Möglichkeit seiner konstruktiven Transformation vom monistischen, - ja eigentlich solipsistischen - Erkenntnissubjekt 1. Ordnung, zum prokreativen Beobachter 2. Ordnung verfolgt, und in seiner Neubeschreibung auch dessen bewusste, logisch notwendige, reflexiv rekursive Rolle - als lebendiger Koproduzent stabiler gesellschaftlicher Eigenwerte -, einleitet.