Geistiges Eigentum

Mit dem Siegeszug des Internets wird zunehmend das sogenannte "geistige Eigentum" in Frage gestellt (siehe die Diskussionen um das Copyright, seinen Schutz, seine Verletzung etc.).


Anlass genug, ein Blick auf das Konstrukt "Eigentum" zu werfen. Denn es ist ja kein physisch wahrnehmbares Merkmal eines Gegenstands, sondern ein sozial vereinbartes, mit Helfe das Rechtssystems etabliertes und durchgesetztes Konstrukt. In den "guten alten Zeiten" des wilden Westen gehörte alles dem jeweils Stärkeren, d.h. wer die Knarre hatte, war der Besitzer (und die feinen Unterschiede zwischen Eigentum und Besitz spielten keine Rolle)...


Das Konstrukt "Eigentum" orientiert sich an der Beobachtung körperlicher Eigenschaften und ist in Analogie zu ihnen gebaut (im Englischen wird dementsprechend beides mit demselben Wort bezeichnet: "property"). Man nennt nicht nur blaue Augen und blonde Haare sein eigen, sondern auch ein Auto, ein Haus, einen Partner (?).


Andere Menschen (z.B. Kinder, Frauen, Männer), vor allem aber Dinge werden als Erweiterung des eigenen Selbst, Erweiterungen des Körpers über dessen Grenzen hinaus konzeptualisiert und erlebt... (oder so ähnlich). Wenn das individuelle Eigentum bedroht wird, dann wird das im Extremfall als Verletzung der Menschenrechte angesehen. Und wer Eigentümer eines dicken Autos ist, der meint, besondere Qualitäten zu besitzen.


Beim geistigen Eigentum scheint zunächst alles klar: Gedanken, die man denkt, gehören eh erst mal nur einem selbst. Vor allem, wenn man sie nicht in die Kommunikation bringt, oder besser: eigentlich nur, wenn man sie nicht äußert. Denn in dem Moment, wo man sie ausspricht oder anderweitig publiziert, sind sie frei verfügbar. Wer sie hört, versteht, sie nachdenkt oder -fühlt, der kann sie nutzen und weiterverarbeiten, ohne dass irgendwer das verhindern könnte.


Aber passt die Metapher des Eigentums, d.h. die Übertragung von Ideen, die in Bezug auf Dinge (die Kinder, Frauen, Männer etc. lassen wir mal weg) entwickelt wurden, wenn wir von Ideen, geistigen Modellen, Konzepten, Argumenten etc. sprechen?


Ich meine: nein.


Wenn einem Ideen geklaut werden, dann kann man sie ja selbst weiter benutzen, d.h. eigentlich hat man ja gar keinen Verlust... Ein, wie ich finde, wichtiger Unterschied. Denn wer mir ein Stück Kuchen klaut und es vertilgt, sorgt dafür, dass ich es nicht mehr essen kann...


Als Autor schätze ich es schon, wenn ich ein Honorar für von mir verfasste Bücher erhalte. Dabei bekomme ich aber, genau genommen, nicht Geld für meine wunderbaren Ideen, sondern nur meinen Anteil an den Einnahmen des verkauften Papiermülls, genannt Buch.


Irgendwie scheint Eigentum an Dinglichkeit gebunden. Sachen (z.B. Bücher) kann man in die Einkaufstasche packen und nach Hause nehmen. Das ist bei Ideen nicht gleichmaßen der Fall. Eine Nutzungsgebühr für fremde Gedanken läßt sich deshalb wohl kaum durchsetzen.


Das ist natürlich das Dilemma aller Leute, die von ihren geistigen Kreationen leben. Früher verhungerten sie. Erst das juristische Konstrukt des geistigen Eigentums hat ihnen die Chance eröffnet, von ihrer dieser Art Leistung zu leben. Aber auch das eben nur, wenn die Ideen verdinglicht und in fassbare Produkt verwandelt werden.


Bislang wird ja nicht das Nutzen fremder Ideen bestraft, sondern das Kopieren ihrer Verdinglichung und Gestaltung, ihrer Konkretisierung. Wer fremder Leute Ideen übernimmt - das kann und will ja keiner verhindern (im Gegenteil) - sollte sich aber wenigstens die Mühe machen, den Autor zu zitieren bzw., wenn er selbst irgendeine verkaufbare WAre produziert (Artikel, Buch etc.) sie anders zu formulieren.


Darin liegt dann eben die eigene kreative Leistung (und dazu war KT einfach zu faul - und nur deshalb gehört er geschmäht).