Fußball macht gaga

Seit letzten Freitag ist in dem Kleingarten, an dem ich mehrmals wöchentlich vorbeikomme ein Fernseh-Tempel aufgebaut: Will heißen so ein kleiner Schrein, wie ich ihn in Indien oft gesehen habe - Nur stht da im deutschen Juni 2006 natürlich ein Fernseher drin. Und gebetet wird da auch nicht. Hier schaut man WM und nebenbei werden die Flaschen der Bierkistenburg, die das Areal umgibt, geleert, Das Leben zwischen dem 9.6. und dem 9.7. spielt sich hier ab. Gottseidank gibts eine so hohe Arbeistlosigkeit, dann verpasst man nix.


Ein Freund, der in seinem Neubau noch eine Wand fliesen lassen muss und erst heute die Fliesen bekommen hat, traut sich nicht, den polnischen Fliesenleger gerade heute (Deutschland-Polen-21Uhr) anzurufen. Auch der Rest der Woche ist eher ungeeignet. Denn gewinnt Deutschland ist vielleicht der Pole sauer und klebt ("womöglich") nicht so gut, um sich zu rächen. Und gewinnt Polen, muss man sich die ganze Zeit anhören, was die Deutschen alles nicht können: Fußballspielen und Bäder selbst fliesen auf jeden Fall.


Mein kleiner Sohn (5) und seine Kindergartenfeunde (3-4) reden (und rufen) schon seit Wochen "Ballack,Ballack" - schon bevor sie wussten, dass es sich um DEN Fußballspieler handelt. Fußball spielt mein Kleiner natürlich auch. Er wollte sogar in den Verein. Bambini heißt die Altersstufe. Und beim letzten Bambini-Turnier Anfang Mai war der eine oder andere der Kleinen während des Spiels auch mal damit beschäftigt statt zu kicken lieber die wolligen Lindenblüten aus der Luft zu tatschen. Ganz konzentriert. Ich hab mich gefreut und innerlich geschmunzelt über die Verspieltheit und mit wie wenig Verbissenheit Fußball hier noch möglich ist. Aber der Vater des Kleinen war anderer Ansicht, er brüllte ihn über das Feld an. Steh nicht rum! Lass das! Renn vor und mach sie kalt!. Auf! Sogar der Trainer versuchte ihn zu besänftigen, aber so einfach war das nicht. Fußball ist schließlich Fußball.


In der ersten Minute hatte mein Kleiner bei einem Freist0ß den Ball direkt ins Gesicht gekriegt. Er kam mit zusammengekniffenen Lippen zu mir und an meiner Schulter hat er dann geweint. Schlimm war, dass der andere sich nicht mal entschuldigt hatte. Ich sagte, dass das beim Fußball nicht unbedingt passiert. Er schluckte und ging zurück aufs Spelfeld. Und als der Trainer ihm sagte, er habe mit seinem Kopf das Team gerettet, weil der Ball sonst garantieret ins Tor wäre, da hat er wieder gestrahlt. Ich wünschte mir für ihn schon auch eine Sportart mit mehr "Feinfühligkeit" wünschen - zusätzlich zumindest.