Frau von der Leyen und Ernst Albrecht

Gestern Abend habe ich unsere Familienministerin Ursula von der Leyen im Gespräch mit Reinhold Beckmann gesehen. Thema war ihr Vater Ernst Albrecht, der frühere Ministerpräsident von Niedersachsen.


Vor drei Jahren teilte er ihr mit, sein Neurologe habe ihn darüber informiert, dass er an Alzheimer erkrankt sei. Sie ist mit ihrer Familie inzwischen zu ihm gezogen, so dass sie bzw. die Familie sich um ihn kümmern kann. Das ist sicher ein ehrenwertes Verhalten, aber darüber will ich hier nicht philosophieren.


Was ich bemerkenswert fand, ist die Art und Weise, wie Frau von der Leyen (und Herr Beckmann) über Ernst Albrecht sprach. Es klang, als ob sie über ein kleines Kind sprach, das nicht bei Sinnen ist. Diese Art fürsorglichen Kleinmachens des Vaters hatte für mich etwas zutiefst Verächtliches. Vielleicht ist es ja eine Berufskrankheit von Ärzten - und sie ist Ärztin - sich über andere Menschen zu erheben, sie wie Objekte (wenn auch vielleicht geliebte und der Fürsorge bedürftige Objekte) zu sehen und zu behandeln, aber ich fand es schwer erträglich.


Nicht, dass ich jemals ein Fan von Ernst Albrecht gewesen wäre. Ich bin ihm mehrfach im privaten Kontext begegnet. Vor zwei Jahren habe ich mit ihm bei einem Essen angesichts eines Geburtstags zusammen gesessen. Er hielt dort eine Rede. Die war durchaus ernst zu nehmen - ein Jahr nach der von der Tochter berichteten Diagnose. Ich fand die Rede zwar etwas egozentrisch, habe das aber weniger einem Alzheimer als vielmehr der Egozentrik des Politikers zugeschrieben... Solche Reden hatte ich früher auch schon von ihm gehört.


Frau von Leyen sieht sich wahrscheinlich als Aufklärerin, die das Tabu des Alzheimers öffentlich durchbrechen will. Falls das ihre Motivation ist, so will ich deren Ehrenhaftigkeit nicht in Frage stellen. Aber, wie sie gesprochen hat: diese infantilisierende Attitüde dem Vater gegenüber - die fand ich ziemlich schrecklich. Ich kann mir kaum vorstellen, dass dies im Sinne des Vaters wäre. Er stand - so mein Eindruck - immer gern im Mittelpunkt. Aber so...?


Mir schien das eher eine Art töchterlicher Rache (für was auch immer)...


Auf jeden Fall möchte ich nicht, dass meine Töchter, wenn ich mal total "abgebaut" haben ("sein"?) sollte, öffentlich so über mich reden. Und falls sie es denn doch tun sollten, so kann ich nur hoffen, dass ich es sofort vergesse...