Fest des Friedens

Weihnachten. Zeit des Familienstreits. Grund genug, sich der Bürgerkriege in der Welt zu erinnern.


Die Amerikaner sind aus dem Irak abgezogen, und daher wird dort jetzt ein Bürgerkrieg beginnen. Die ersten Selbstmordattentate gab es in diesen Tagen. Diese Vorhersage sollte kein Argument gegen den Abzug der fremden Truppen sein, sondern - wieder einmal - ein Hinweis darauf, wie sinnlos ihr Einmarsch war.


Denn es ist eben ein viel zu schlichtes Bild, Saddam Hussein zum Bösen zu erklären, der allein verhindert, dass das wunderbare Modell der US-Demokratie auch im Irak seinen Siegeszug vollenden kann.


Bei näherer Betrachtung zeigt sich ein etwas anderes Bild: In einem Land, in dem mehrere etwa gleich starke oder sich zumindest so fühlende Fraktionen (z.B. Stämme im Sudan, in Afghanistan usw., Kurden, Sunniten und Schiiten im Irak, Christen und Muslime in Nigeria) sich feindlich gegenüber stehen, kommt es mit großer Wahrscheinlichkeit entweder zum Bürgerkrieg oder zur Entwicklung einer Diktatur. Bürgerkrieg, wenn offen ist, welche Fraktion die stärkste ist, Diktatur, wenn eine gewonnen hat.


Konflikte schaffen immer eine symmetrische Situation, die - falls sich die Beteiligten über die Symmetrie ihrer Beziehung nicht einig sind - zu Auseinandersetzungen, ja, zu Krieg führen können. Sie werden erst durch eine - für alle Beteiligten akzeptable - Asymmetrie beendet, d.h. durch klare Machtverhältnisse. (Die populäre Bezeichnung "asymmtrischer Krieg" ist aus systemtheoretischer Sicht vollkommen unangebracht, da jeder Krieg - solange er andauert - Symmetrie schafft.)


Wer sich als "höhere Macht" von außen einmischt (Afghanistan, Irak, Libyen), der muss auch bleiben, um als "neutraler Dritter" die Symmetrie der Parteien zu erhalten und den Kampf um die Herstellung der Asymmetrie zu verhindern... (einer der Gründe gegen jeden Interventionismus, ist, dass dies auf Dauer sehr teuer und anstrengend ist).


Die Zivilisierung von Konflikten erfordert immer, dass eine höhere Macht (z.B. ein gemeinsam akzeptiertes Gesetz, dass durch ein Gewaltmonopol gesichert und durchgesetzt wird) eingeführt wird, die auf friedlichem Wege (z.B. einen Gerichtsprozess) für die Entscheidung sorgt, wer gewonnen und wer verloren hat...


Wo solche staatlichen oder quasi-staatlichen Strukturen nicht gegeben sind, droht der Dauerkonflikt (z.B. zwischen Nationen, zwischen Geschwistern).


Es macht also wenig Sinn, sich in fremde Konflikte einzumischen, es sei denn, man wird von den beteiligten Parteien dazu aufgefordert und es ist klar, wie man da wieder raus kommt.


(Leider sind das Überlegungen, die von den Verantwortlichen für die Entsendung von Truppen nicht immer angestellt werden - scheint mir.)


Auf jeden Fall dürfte, um hier mal als Prophet zu arbeiten, 2012 ein Jahr der Bürgerkriege werden. Aber das wird uns in Europa wenig dazu verleiten, uns einzumischen, weil wir ja die Eurokrise haben... wahrscheinlich wird deshalb in unseren Zeitungen auch nicht viel davon berichtet werden.