Es gibt ja auch noch andere Bücher

Es gibt ja auch andere Bücher.....


in denen man lesen kann! Gestern sind wir aufs Land gefahren um die letzten warmen Herbsttage, wie die Wettervorhersage meint, mit zu kriegen. Nach einer etwas unruhigen Nacht las ich heute früh in einem Buch herum, das ich vor Jahren einmal geschenkt bekam, und das ich lange liegen ließ: „Geschichten des Herzens (Jack Kornfield und Christina Feldmann, Arbor-Verlag). Ich hatte das Buch von meiner Schwägerin mit der Bemerkung bekommen, dass es kurze Geschichten enthalte, die zum Vorlesen in Gruppen geeignet seien.

Auf Seite 100 beschreibt Jaques Lysseyran, der mit acht Jahren durch einen Unfall blind wurde, wie er ein „inneres Sehen“ entdeckte, das ihm half im Leben zurecht zu kommen, und die Welt wahrhaft „mit anderen Augen“ zu sehen.

Im Verlauf dieser Entwicklung wird immer deutlicher, dass hier ein Mensch, dem einer seiner Sinne geraubt wurde, die „Wahrnehmungsglocke“ zu durchbrechen lernt, und schließlich in einer Welt lebt, in der „die Dinge auf ihn zu kommen“: „Ich war zweifelsohne in eine neue Welt eingetreten, aber ich wurde nicht ihr Gefangener. All meine Erfahrungen....machte ich nicht in einer inneren Leere, einen verschlossenen Zimmer, das mir und niemand anderem gehörte. Ich machte sie zwischen Sommer und Herbst 1932 in Paris, in der kleine Wohnung beim Champ de Mars und an einem Strand des Atlantik in Gegenwart meines Vaters und meiner Mutter und eines kleinen Bruders, der gegen Ende des Jahres auf die Welt kam.“ .....

Interessanterweise schließt die Erzählung des Blinden über seine Entwicklung zum lebensfähigen und glücklichen Erwachsenen mir folgenden Sätzen: „Wir sind alle – blind oder nicht – entsetzlich gierig. Wir wollen alles nur für uns. Selbst, wenn wir gar nicht daran denken, wünschen wir, dass das Universum uns ähnlich sei und uns seinen Raum überlasse. Nun, ein kleines Kind lernt sehr rasch, dass dies nicht möglich ist. Es hat es zu lernen. Denn jedes Mal, wenn es vergisst, dass es nicht allein ist auf der Welt, stößt es gegen etwas, tut sich weh und wird zur Ordnung gerufen. Doch jedes Mal, wenn es daran denkt, wird es belohnt: Alles kommt ihm entgegen.“ (S. 114)


Sie, liebe Leserinnen und Leser, werden wohl bemerkt haben, dass mein Besen und ich heute dabei sind im Zusammengekehrten weniger nach „erfundene“, sondern eher nach „gefundene“ Wirklichkeiten zu suchen. Und da findet sich – auch in unserer heutigen Bewusstseinslage doch auch immer wieder einiges.

Und um diesen Eintrag nicht gar zu erbaulich werden zu lassen, darf unser viel zitierte Mullah noch mal zu Worte kommen (im Buch ist diese Geschichte gleich im Anschluss an den Bericht von Jaques Lusseyran zu finden):

Nasrudin ist konstruktiv – das heißt: nicht närrisch - gestimmt, was, so viel ich von ihm weiß, recht selten vorkommt, und er will sich einen Blumengarten anlegen. Dabei ärgert er sich furchtbar wegen des überall wachsenden und durch keine Gegenmaßnahme am Sprießen zu hindernden Löwenzahn. Schließlich besucht er den Hofgärtner des Sheiks um Rat zu holen. Dieser nennt ihm einige Maßnahmen, die der Mullah aber alle schon ausprobiert und als nutzlos erkannt hatte. „Eine Weile saßen sie schweigend zusammen, bis am Ende der Gärtner Nasrudin anschaute und sagte: „Nun, dann schlage ich vor, du lernst, den Löwenzahn zu lieben.“

Wenn das keine schöne Geschichte - leider auch erbaulichen Inhalts - ist!! Heute geht’s offenbar einfach nicht anders. Deshalb verabschieden wir - mein Besen und ich - uns nun endgültig.

Morgen gibt’s heiße Eisen und viele offene Fragen.